Parole Font: das Carepaket für den politischen Widerstand

Als dickes Dankeschön an euch für die vielen Stasi 2.0 -Resamplings, -Kommentare, -Verweise und den Begriff Schäublone (wer hat´s erfunden?) könnt ihr hier den neuen & kostenlosen Agitprop-Font Parole als OpenType bei dataloo herunterladen (oder auch im Fontblog) und damit weiterhin kreativ auf politische Mißstände aufmerksam machen und visuell Paroli bieten.

Das ganze Bundeskabinett und noch ein paar *Goodies*

Der Font mit den Schablonen, bzw. Silhouette unseres Bundeskabinetts (+ *Goodies*) entstand in den letzten Tage nach einem kurzen Austausch mit Jürgen Siebert vom Fontblog/ FontShop (Superidee!!) und mit tatkräftiger Unterstützung von Axel Mattern (The Master of OTF & ebenfalls von FS) auf Basis der von Marian Steinbach bereitgestellten Schrift. Use it & improve it!

Im Fontblog findet ihr außerdem noch Details zur Tastaturbelegungen der Schablonen bzw deren OpenType Cheets (auch anbei in der Zip-Datei).

[geändert befreit – Dank der Hinweise]

Der OpenType (viel besser als TTF) Font Parole erscheint unter der CC-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0.

Wir (die Herausgeber) wünschen uns sehr, daß ihr ihn alle rege im Rahmen politischer Kommunikation (auf T-Shirts, Kaffeebecher, Slips & Schlips, …) einsetzt und nicht einfach so ohne Nachdenken für primär kommerziellen Ehrgeiz verheizt, das hat er nämlich gar nicht verdient, der Gute.

Loslegen & bescheid geben! Und gern auch Flagge zeigen!

dataloo Font: erste Preview Version verfügbar

Die erste Preview Version unseres Fonts, den wir für die Überschriften verwenden, ist jetzt kostenlos verfügbar als feines Webfont-fähiges Paket zum Telechargen via unserer Blogfont-Seite.

Warum Preview? Ganz einfache: extreme WIP – es fehlen noch ’nen Haufen Lettern und das ganze ist auch noch brav ungekernt, ansonsten halbwegs okay für reine Screenverwendung. Und schon mal ein Anfang.

Der Font selbst steht unter der SIL Open Font Lizenz.

Nice Flashback: die Lizenz gab’s damals als der Parole-Font herauskam auch schon – seltsamerweise kannten wir die damals nicht und haben den Font zunächst unter einer eigentlich nicht anpassbaren, von uns angepassten Creative Commons Lizenz veröffentlich. Gab etwas Lizenzhinundherhickhack, aber nur kurz, dann war die Anpassung weg. CC war damals IN. Lange her. Viel gelernt. Schriftarten sind Software.

Dazu kommt: Schriftartenbau macht heute einfach mehr Spaß, weil die Tools deutlich komfortabler sind als noch vor X Jahren. Mit Adobe Capture vektorisieren, mit Illustrator optimieren, mit BirdFont finalisieren, dann mit ein paar cli tools für alle Plattformen paketieren.

John Gabriel Borkman im Prater

Ich habe 8 Tage gebraucht, um das Theaterstück „John Gabriel Borkman“ im Prater zu verdauen. Hier ist mein Ausscheidungsprodukt.

AUA! Diese Aufführung tut weh! Sowohl den Schauspielern als auch den Zuschauern. Das Stück dauert bis zu 12 Stunden (ohne Pausen) und hat den konstanten Lautstärkepegel einer Großbaustelle. Audiospitzen erreichen auch mal das Niveau eines startenden Flugzeugs. Die scheinbar bis zu 30 Schauspieler fordern sich den totalen Volleinsatz ab. Physisch und psychisch. Mir wurde erzählt, dass sie nach dem 12-Stunden-Wahnsinn regelrecht kraftlos umkippen.

Die Schauspieler bewegen sich allesamt stockend und ruckartig wie in einem alten Computerspiel aus den 80er Jahren. Sie sind nur die stummen Figuren des Regisseurs, denn wenn sie mal Laute oder gar kurze Sätze von sich geben, kommen diese von der Audioeffekt-Zentrale im Rücken des Zuschauerraums. Wie in einem überdimensionalen Comic kommen QUIETSCH, BUMMMMS, PLOP, BOING, KLACK, PENG und ***** in voller Lautstärke über die Beschallungsanlage des Raums. Gelegentlich gibt es mal einen einfachen Satz, der dann fast bis zur Besinnungslosigkeit x-fach wiederholt wird. „Leben ist Arbeit“ zum Beispiel. Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit Leben ist Arbeit – auditives Copy & Paste bis zur vollständigen Trance der Zuschauer. Die Schauspieler tragen Gesichtsmasken im Stile von Anonymous oder der Occupy-Bewegung. Auch die Techniker im Hintergrund tragen Masken. Hier zeigt niemand vom Ensemble – bis auf eine einzige Ausnahme – das wahre Gesicht.

Das Bühnenbild ist ein knallbunter und handgemachter Papp-Komplex mit mehreren teilweise wechselnden Räumen, Türen, Bereichen, Gängen, Fenstern, Straßen und Strommasten. Auch die Bühne erinnert an einen handgemalten Comic. Gegenstände gibt es meist nur als zweidimensionale Pappen: Platzhalter ohne räumliche Tiefe, die „ich-bin-nur-Symbol“ schreien. Alles Theater also. Nix ist echt.

Wirklich echt ist nur der Regisseur Vegard Vinge! Der bewegt sich lässig und relativ geschmeidig und eben nicht künstlich verzerrt wie seine Marionetten-Schauspieler. Der Regisseur ist sowieso das zentrale Element in diesem Spiel. Immer unterwegs. Mal läuft er durchs Bühnenbild, hüpft in den Seitengängen, durchstreift die Zuschauerreihen oder gibt den Technikern im Kontrollraum Anweisungen. Er ist während der ganzen 12 Stunden auch der Einzige, der sprechen darf. So richtig echt und spontan und ganz ohne die üblichen Audioeinspielungen. Dazu hängen überall im Bühnenbild versteckt Mikrophone für ihn herum. Dabei wird seine Stimme Donald-Duck-mäßig verzerrt und man braucht eine ganze Weile, um seine Worte halbwegs zu verstehen. Optisch erinnert er an eine Mischung aus den Psycho-Killern in „Funny Games“ und „A Clockwork Orange“. Ich habe von Anfang an Angst vor diesem Typen.

Und ja: Der Regisseur pisst sich während der Aufführung mehrmals in den eigenen Mund, schießt kleine Urin-Fontänen in die Höhe und zappelt dabei wie ein Kleinkind, das etwas Verbotenes tut. Das Theater der Provokation ist zurückgekehrt: Grenzüberschreitungen und Körperflüssigkeiten auf und neben der Bühne.

Der Regisseur steckt sich Gegenstände in den Arsch oder lässt körpereigene Endprodukte daraus herausquellen. Er zerstört mit Händen und Füßen in brachialen Gewaltakten große Teile des Bühnenbilds oder zerschmettert die Sitzbänke von Zuschauern, die er gestikulierend von eben diesen vertreibt. Wie ein Lausbub sucht er ständig nach Möglichkeiten, irgendwelchen provokanten Blödsinn zu machen. Mit einer Papp-Pistole erschießt er mehrere Nackte und überschüttet sie mit rotem Ketchup-Blut. Eine gefühlte halbe Stunde malträtiert er eine Sexpuppe mit Messern, Sägen und Kunstblut in Ketchupflaschen, um dann den rot-verschmierten Kopf wie einen Fußball ins Publikum zu kicken.

Und trotzdem wird es der Aufführung überhaupt nicht gerecht, sie mit diesen Schock-Sequenzen zu beschreiben. Denn diese machen vielleicht 5% des Abends aus. Die restlichen 95% bestehen aus beeindruckendem Schauspiel, Humor, Film-Einblendungen, einem Live-Konzert, Interaktion mit Unbeteiligten auf der Kastanienallee, skurrilen Requisiten, marschierenden Soldaten, Skelett-Orchestern, Panzern aus Pappe und einer beeindruckenden Live-Audio-Synchronisation des Geschehens. Sind die Ohren von den Audio-Schleifen ermüdet, kann man die Augen auf die Suche nach Details schicken: Man findet immer irgendwo noch welche. Das zugrundeliegende Theaterstück „John Gabriel Borkman“ ist mehr als 100 Jahre alt, passt aber mit seiner Story vom Bankdirektor, der seine Bank mit illegalen Transaktionen in den Ruin treibt, wunderbar in die Jetztzeit.

Insider versichern uns, dass jeder Abend anders ist und dass zwischen den Aufführungen ständig neue Szenen entwickelt und geprobt werden. Die Bilder, die man als Zuschauer sieht, sind monströs und grell. Die Atmosphäre im Prater würde wahrscheinlich auch einem David Lynch oder David Cronenberg gefallen. Zu fortgeschrittener Stunde wurde das Publikum immer mehr Teil der Darbietung: Man schreit, tanzt und spricht miteinander. Die Pausen bestimmt man selbst und geht auf die Straße, um zu rauchen, Bier zu kaufen oder Hotdogs zu essen.

Verstörender Höhepunkt der Zuschauer-Interaktion war das Angebot des Regisseurs, Geld an einen Zuschauer zu bezahlen, der die kriechende Figur des Anwalts auf der Bühne anpinkelt. Nach einer Steigerung der Prämie von 10 auf 100 Euro erhob sich eine junge Frau und lief auf die Bühne. Ich traute meiner Wahrnehmung nicht mehr, wusste nicht mehr, wo ich bin. Endzeit! So muss sich die Endzeit anfühlen. Der Vorgang entfesselte einen Emotionssturm im Publikum und Parolen wurden laut: „Los, mach schon!“, „NEIN, TUE ES NICHT!“, „Gib diesem zynischen Drecksack von Regisseur nicht seine Genugtuung!“, „Scheiss auf die Volksbühne!“. In dieser Zuspitzung zeigt sich, um was es in diesem Theaterstück geht: große Emotionen! Wo liegen die Grenzen? Gibt es Grenzen? Ist das schon die Endzeit? Schließlich blieb ihre Hose oben und sie ging auf die Toilette.

Nachdem wir anfangs fast 4 Stunden ausgeharrt haben, ist unsere Gruppe für 2 Stunden gemeinsam in ein Restaurant gegangen. Und obwohl ich diese Pause irgendwie nötig hatte, so habe ich mich fast schon geärgert, als wir gegen 22 Uhr zurück kamen und nach dem Bühnenbild zu urteilen, viel passiert sein musste. Sofort haben mich die Schauspieler mit ihren skurrilen Bewegungsabläufen wieder eingefangen und mich in eine mir unheimliche Trance versetzt. Und obwohl es oft unerträglich wurde, konnte ich mich dem Wahn(sinn) nicht entziehen. Das Stück ist ewig lang, viel zu laut und besteht aus schrillen Wiederholungsschleifen. Aber es war so toll, dass ich es in den folgenden Tagen immer noch nicht ganz aus meinem System ausscheiden konnte.

Zum Zweiten: Zensursula

Ursula von der Leyen als Bundespräsidentin?

Zensursula ist wieder unterwegs. Dieses Mal in neuem Gewand:

„Not my President“.

Urusla von der Leyen: Bundespräsidentin aller Deutschen? Schaut nicht so aus. Zumindest auf Facebook. Da wo ja alle gegen Netzsperren, Zensur und Datenschutz sind.

Das „Ur-Bild“ stammt übrigens aus dem Parole Font.

Stasi 2.0

Schäuble goes Stasi 2.0

Ich weiß nicht wie´s euch geht – aber gefühlsmäßig triffts Stasi 2.0 haargenau. Eigentlich erwarte ich mir von einem Bundesinnenminister wesentlich mehr als die Verantwortung für innerer (Verun)sicherheit. Die (natürlich nur auf meine Empfangsgewohnheiten bezogene) mediale Präsenz von Meister Schäuble beschränkt sich doch tatsächlich nur auf angstverbreitende, datensammelwütige Dinge wie Bundestrojaner, Vorratsdatenspeicherung, Fingerabdruckchips und Ausweise mit charmbefreiten Passbildern und womöglich bald zwingender Fahndungsoption und zentralen Datenbanken wo du nur hinschaust.

Dabei sollte er mal etwas Positives verbreiten – ich vermisse so Momente bei ihm die die Merkel so kindknutgleich bei der Fußball-WM schon längst hatte…

Was will er damit nur kompensieren?

[UPDATE]

Wer selbst Hand anlegen möchte – hab ne Schablonenschäuble Stasi 2.0 Vorlage (PDF) bzw als PNG (mit Pfaden für zb Adobe Fireworks) zusammengeschustert….

[UPDATE 2]

1000 Dank für die Hinweise. Hab die CC-Lizenz fürs wirklich echte Handanlegen auf Share Alike umgestellt. Besser ist das! Siehe [UPDATE 9]..

Übrigens: jetzt auch als einfaches AI.

[UPDATE 3]

Jetzt endlich auch als SVG – der Dank geht an Sylvan fürs artgerechte Linuxgimpinkspace-konvertieren.

[UPDATE 4-5]

Für Geduldige: *Spreadshirt* zum Selbstkostenpreis (Spreadshirt verdient natürlich immer daran mit…) kommt bald nicht. Es gab rechtliche Bedenken und das Motiv wurde abgelehnt. Na gut. So sei es dann: alle Sehnsüchtigen begeben sich schnellstens in ihren Lieblingscopyshop und lassen sich dort ganz privat für sich eins anfertigen – und nie vergessen: Beweisfoto machen.

[UPDATE 6]

Revisited.

[UPDATE 7]

Als Dankeschön gibt´s zur Schäublone jetzt nen ganzen Font.

[UPDATE 8]

… und endlich was zum An-, Aus- und Aufziehen.

[UPDATE 9 / 30.08.07]

Lizenzänderung: die Schäublone steht jetzt unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0. Damit harmoniert es besser mit der Lizenz des Parole Fonts und den lizenzrechtlichen Bedingungen der Wikipedia.

Bleibt mein Wunsch, daß ihr die Schäublone auch weiterhin für anregende politische Kommunikation einsetzt und nicht einfach so ohne Nachdenken für primär kommerziellen Ehrgeiz verheizt: Klärt auf, um was es geht.