Digitale Bohèmians

Holm Friebe und Sascha Lobo sind gerade als Botschafter der digitalen Bohème in Deutschland unterwegs zeigen moderne Alternativen zum in die Jahre gekommenen Modell der Festanstellung. In ihrem Buch „Wir nennen es Arbeit“ zeigen sie Tätigkeiten jenseits steifer Banklehren und aufzehrender Unternehmensberatungen auf. Sie postulieren ein Arbeitsmodell ohne Abhängigkeit von 9-to-5-Jobs, das trotzdem nicht in der neoliberalen Ecke der Entrepreneurs und Unternehmer zu finden ist.

Bei Sixtus, dem rasenden elektrischen Reporter, erwähnen die Beiden ihren zentralen Aussagen in (Haar-)Farbe.

Und diesen Donnerstag den 19.Oktober stellen sie ihr Buch um 20.30Uhr in der Thalia Buchhandlung in den Schönhauser Allee Arcaden (Schönhauser Allee 78-80) in Berlin vor.

Manchmal, aber nur manchmal

Manchmal, aber nur manchmal, mag ich dieses Wetter

Manchmal, aber nur manchmal, mag ich solches Sauwetter.

Ohne Sonnenschein der einen nach draußen zieht kann man ruhigen Gewissens heissen grünen Tee schlürfen, am Rechner sitzen, einfach in Ruhe arbeiten und die Vorzüge einer Wohnung genießen. Mein Hobby ist Wohnen.

Sisyphosarbeit

Wenn ich mit Freunden spreche ist Arbeit oft das zentrale Thema. Viele sind arbeitslos oder hangeln sich von einem Job zum anderen. Bei denen die einen festen Job haben machen sich beinahe täglich Sorgen und Zukunftsängste breit, wie sie dem Arbeitgeber gegenüber einfachste Ansprüche vertreten sollen ohne den Kürzeren zu ziehen und wegen Nichtigkeiten gekündigt zu werden. Absteigen in den Hartz-4-Außenseitergesellschaftsbelastersumpf, gedemütig und verwaltet von einer großen Anzahl Menschen und einem Haufen Geld. Bei anderen kristallisiert sich die unangenehme Erkenntnis heraus, daß nicht einmal ein ehemals, gut bezahlter Job in exaltierter Position hilft erneut in einer Festanstellung zu finden. Die wenigstens sind zufrieden und sehen sich noch in Jahren den gleichen Job machen. Heutzutage weiß man ja nie. Früher wußte man es allerdings auch nie, aber es gab da wenigstens eine Ahnung, sowas wie Zuversicht.

Es ist schon ein Kreuz mit der Arbeit: willkommen im Arbeiten-Leben-Karussell.

Da fühlt sich für mich der Drang zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung falsch und völlig rückständig an. Die großen Parteien ganz vorne mit dabei drängen dort absolut umsonst hin. Ich will keine Sicherung der bestehenden Systeme und keine Wirtschaftswunderlebensart wie vor 40 Jahren, erzwungen mit all unserer (auch finanziellen) Kraft. Sicherung ist Rückschritt. Sicherung verbittert den Charakter. Ich will, daß das System unsere heutige Lebensart wiederspiegelt und unsere (baldigen) Errungenschaften nicht links liegen läßt. Keinesfalls will ich (andersum) mich dem System anpassen müssen, mich reinzwängen und drei Jobs machen, nur um der Arbeit willen mich kirre machen, weil die Kohle fließen muß. Ich will persönliches Wachstum, nicht stupide Anpassungsverstümmelung. Ich will Respekt, Vertrauen, Bestätigung.

Ist Arbeitslosigkeit wirklich eins unserer größten Problem?
Ja: solange Arbeit in ihrer momentanen Form und Empfindung nicht als Problem erkannt wird.
Ja aber: was geht denn zur Zeit? Was ist das Ziel, was ist die gesellschaftliche Errungenschaft? Alle am Arbeiten? Das höchste Gut? Ha! Nicht in Echt, oder?

Und jetzt? Freiheit von der Vollbeschäftigung? Star-Trek-Arbeit? Das Recht auf Einkommen statt das Recht auf Arbeit? Keine Angst mehr, nur noch Mut und Menschlichkeit? Den Blick nach vorne gerichtet? Hin zu den hart erarbeiteten Errungenschaften einer hoffentlich stets fortschreitenden Zivilisation? Neue Haltung? Neue Kraft? Neues Handeln? Neue Würde? Neue Zuversicht? Warum den schweren Weg gehen oder den faulen, wenn es einen einfachen gibt. Dieser schwere Weg der Vollbeschäftigung schmeckt mir zu sehr nach Sisyphosarbeit.

Ein Glück gibt es neue, andere Ansätze, Ideen, Aktionen. Ich finde die Initiative von Götz Werner, seines Zeichens Chef vom DM-Drogeriemarkt, einen Blick, einen Gedanken, ein Lächeln und ein neues CSS (wer bauts und schickts ihm?) wert. Ähnliche Ansätze (Wir sind die Wirtschaft!) findet man auch bei Timothy Speed – zumindest deshalb interessant, weils ein Altersgenosse ist, der sehr wahrscheinliche das gleiche Generationsbrainwashing hat erfahren dürfen. Und selbst Bill Clinton bringt schon Ken Wilber´s „A Theory of Everything“ mit ins Spiel wenns um zukünftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Errungenschaften geht.

Es ist an der Zeit Arbeit den richtigen Platz zuzuweisen.