Wild Wedding

„Der Wedding kommt“ sagt und schreibt man scheinbar schon seit mehr als 20 Jahren. Als ich vor zwei Tagen zum ersten Mal eine Nacht den Wedding durchstreifte, habe ich davon noch nicht so viel bemerkt. Und das ist auch gut so!

Am Himmel stand der Blue Moon, es hatte gerade noch T-Shirt-Temperatur und mein Freund Andi erklärte sich bereit, mein persönlicher Wedding-Guide zu sein. Weiterhin gab es im Rahmen von Kolonie Wedding zahlreiche Vernissagen und Galerien zu besichtigen. Wir starteten unseren Abend mit Togoischem Essen im Relais de Savanne. In ziemlich uncharmanten Räumen gab es eine katastrophal gestaltete Speisekarte, leckeres Essen, tollen selbstgemachten Ingwersaft (Spezialrezeptur!) und sehr sympathischen Service. Unser Galerierundgang fühle sich an wie eine Mini-Version von 48 Stunden Neukölln mit Kunst, Performances, Malerei und vielen Video-Installationen. Es gab Hausfrauenkunst, Trash, halbwegs überzeugende und auch ein paar tolle Arbeiten. Das Vernissage-Publikum war überall sehr angenehm unprätentiös. Kein einziger Hipster! Man sprach Deutsch! Die sonst in Berlin so allgegenwärtigen Amerikaner, Spanier, Kanadier, Franzosen, Italiener und all die Skandinavier haben offensichtlich den Wedding noch nicht entdeckt.

Und genauso ging es dann in den zahlreichen Bars und Kneipen auch weiter. Publikum, Barpersonal und Räumlichkeiten fühlten sich an wie Prenzlauer Berg Ende der 90er. Ganz so, als ob Berlin keine globale Partyhauptstadt und Easy-Jet noch nicht erfunden wäre und die Künstlerszene in New York, Rio und Tokio noch nie von den scheinbar günstigen Lebenshaltungskosten in Berlin gehört hat.

Wedding be aware!
Wir brauchen nicht noch einen seelenlosen Ballermann wie den Friedrichshain.

Achtung: Dieser Artikel kann zur Gentrifizierung des Weddings führen.

Berliner Schloss – Humboldt 21

2007 wurde politisch beschlossen, ab 2010 mit dem Wiederaufbau des Berliner Schlosses zu beginnen. Das wurde dann noch mal auf 2014 verschoben. Die Kosten dafür sollen aktuell wohl 590 Millionen Euro betragen. Millionen? Das klingt bei den Milliarden, die uns im Rahmen der Finanz-, Euro- und Schulden-Krise um die Ohren fliegen, erstmal nicht so viel. Warum steckt man solch eine Summe aber in ein einziges Megaprojekt, wenn man damit 59.000 Kulturprojekte mit jeweils 10.000€ fördern könnte? Warum stehen so viele Projekte von leidenschaftlich engagierten Menschen vor dem Aus, nur weil ein paar Tausend Euro fehlen? Kommen die jungen und gebildeten Menschen aus der ganzen Welt wegen eines Stadtschlosses nach Berlin?

Rigoletti jedenfalls konnte die Parallelen mit Stuttgart 21 nicht länger übersehen und hat die Bewegung Humboldt 21 gegründet. Mit ihrer unkonventionellen Protestaktion setzt sie aber nicht auf die Empörung der vielzitierten Wutbürger, sondern sammelt schon jetzt Spenden für den kommenden Rückbau des Berliner Schlosses.

Um die historischen Zusammenhänge und die aktuellen Hintergründe zu verdeutlichen, plant sie jetzt eine alternative, von der Humboldt-Box unabhängige, Video-Schlossplatzführung. Die Videoführung im öffentlichen Raum soll via Smartphone unter anderem die Fragen „Wie funktioniert perfekter Lobbyismus?“ und „Wer bezahlt das Schloss und von was?“ beantworten. Da das große Geld (590 Millionen!) aber nicht bei Underground-Projekten wie Humboldt 21 ankommt, sammelt sie die benötigten 1.499€ für die Videoführung über das Internet. Falls das nötige Geld für die Videoführung zusammenkommt, wird diese übrigens auch den Tourismus in Berlin ankurbeln, denn sie wird in Deutsch und Englisch angeboten. Unterstützt Humboldt 21 und fördert die Videoführung!

Piratenpartei Berlin wirbt mit Stasi 2.0

Ich werbe für die (Berliner) Piraten:

Priratenpartei Berlin wirbt mit Schäublone für den Einzug in den Bundestag

Hab mich sehr gefreut, dass es die Schäublone auf die Wahlplakate geschafft hat. Oh – und eigentlich sind´s gar keine Plakate – sondern witzigerweise haben die Piraten einfach direkt die Aufhänger besprüht und Geld gespart. Fein fein – die Schäublone hat sich zu einem richtigen Remotestencil entwickelt.

Bleibt jetzt nur die Frage, ob die Piraten Partei es tatsächlich in den Bundestag schaffen kann. Die Chancen stehen gut – es mangelt ja an Alternativen:

  • die CDU – ja – die CDU – was will die noch gleich – mir fällt´s nicht ein – ich glaub, es soll alles so bleiben wie es ist: Bildungschaos (jeder macht was er will, auch weiter ohne Geld), Umweltchaos (Kernkraft behalten und Planet Erde retten wollen – wirrer geht’s nicht), Wirtschaftschaos (weiterhin Gewinne privatisieren, aber Verluste und Bänkersaläre aus der Bürgerportokasse zahlen), Freiheitschaos (fragwürdige Gesetzesvorhaben, mal als leere Profilierungsluft (Zenursula) oder zu weit übers Ziel hinaus (Vorratsdatenspeicherung))
  • die SPD ist auch mal wieder für Vollbeschäftigung und darunter ist keinesfalls zu verstehen, dass jetzt alle betrunken an die Arbeit gehen sollen – ansonsten steht sie der CDU in nichts nach und bleibt ebenso farblos – wäre das mit dem alten Zöpfen nicht, würde ich ja schon mit Frank-Walter liebäugeln, aber diese Rückwärtsgewandtheit schreckt einfach nur ab
  • die FDP hat es eigentlich nicht verdient gewählt zu werden – wer FDP wählt kriegt den grenzenlos freien Turbomarktturmor, der sich so ganz und gar nicht sozial zeigt in letzter Zeit.
  • die Die Linke – ist ja quasi die FDP auf Links gedreht – will ja auch keiner.
  • die Bündnis90/Die Grünen – ganz ehrlich – seit Joschka nicht mehr vorn mit dabei ist, fehlt der Partei irgendwie der Arsch in der Hose und das ganze riecht auch noch mehr nach CDU-Mief als jemals zuvor und im Fall von Jamaika-Koalition wird das ganze Land einfach so implodieren, oder eben auch nicht, was aber auf’s gleiche raus kommt: nüscht Gutes wird passieren.
  • die HSP –   gibt´s leider nur im Kino.

So genug der Polemik. Ich les dann mal die Wahlversprecher Wahlprogramme genauer durch – wenn ich mal Zeit finde – machs also so wie alle ändern Wähler ja auch: nur die echten, harte Fakten zählen, sonst nichts. Jaja.

Bleibt die Erkenntnis: dieses mal zur Bundestagswahl 2009 wirds endlich mal möglich sein Protestwähler zu sein ohne die Falschen wählen zu müssen. Das könnte den Piraten prima dabei helfen die 5% zu knacken.

Demonstrationstourismus

Seit ich hier in Mitte wohne, bekomme ich regelmäßig Demonstrationen auf der Leipziger Straße mit. Im Gegensatz zum „Disneyland“-Prenzlberg fühle ich mich so etwas mehr in der gesellschaftlichen Gesamtrealität verankert. So bekommt man ein Gefühl für die Anliegen und die Größe einer bestimmten Interessengruppe: Genau das soll eine Demonstration ja schließlich kommunizieren. Letztens die Bildungsdemo, vor längerer Zeit die deutschen Milchbauern und heute ein Korso aus hupenden Taxi-Fahrern. Kurz Google News angeschmissen und schon ist man über das Thema der Demo informiert: Die Taxifahrer sind gegen zusätzliche Gebühren, die schließlich durch einen höheren Taxitarif von den Kunden bezahlt werden sollen. Und es gibt viele, nein sehr viele Taxifahrer in Berlin… der Korso endet ja gar nicht mehr.

Ich befürchte man wird hier in den nächsten Monaten und Jahren wieder mehr Demonstrationen verfolgen können als in der Vergangenheit. Ich bleib -zusammen mit Google- dran!

Stadtflucht – Woche 23

Stadtflucht

„Neu-Venedig“ beim Müggelsee in Berlin.

Kalenderblatt als Desktophintergrund zum Runterladen
>> Desktophintergrund Woche 23

Kurzanleitung:
1. Hintergrund-Bild anklicken.
2. Mit der rechten Maustaste auf das sich öffnende Bild klicken.
3. Im Menü „Als Hintergrund“ oder „Als Hintergrundbild einrichten…“ auswählen.
4. Eine Woche lang geniessen, dann das neue Kalenderblatt auf Dataloo holen.

Zügeln in Berlin

Nach 7 Jahren bin ich nun innerhalb Berlins umgezogen (schweizerdeutsch: zügeln). Vom durchgentrifizierten Prenzlauer Berg in einen nicht wirklich angesagten Teil von Berlin Mitte. Hier in der neuen Wohnung stehen noch ca. 70 ungeöffnete Umzugskartons herum und es lebt sich leicht provisorisch, wenn auch mit viel mehr Platz.

Gleichermaßen merkwürdig wie auch toll ist die Tatsache, dass ich mich in der neuen Wohnung schon so fühle als würde ich schon ewig hier wohnen. Ich liebe diese Wohnung! Und inzwischen auch die Lage! Ein schönes Ende für einen unendlich scheinenden Wohnungssucheprozess, der sich über 6 Monate, 40 besichtigte Wohnungen und unzählbare Stunden hingezogen hat. Auch die beachtlichen Kosten für Umzug, neue Möbel, Provision und den ganzen Rest scheint im hellen Licht der neuen Wohnung etwas weniger schmerzlich. Gemeinsam mit der Gefährtin haben wir viel Zeit und Energie investiert und damit die zu uns passende Wohnung gefunden. Danke auch an alle Hinweisgeber und Unterstützer, die wesentlich zum Gelingen dieser Aktion beigetragen haben.

Finanzkrise und Realwirtschaft

In Berlin Prenzlauer Berg wirkt sich die Finanzkrise bereits jetzt auf die Realwirtschaft aus: Als ich eben um 15 Uhr zum Mittagstisch in meine Lieblings-Wirtschaft ging, war ich der erste Gast des Tages! So was gab es noch nie! Vor der Wirtschaft saßen die 2 kompetenten Köche und rauchten gelangweilt: Trotz ihrer internationaler Ausbildung (Frankreich, Thailand, Deutschland) wollte heute bis 15 Uhr niemand ihren täglichen Küchenzauber verkosten. Dann kam ich! Das Tonkabohnenpanacotta war süß und lecker…

tonkabohnen-panacotta1.jpg

Aber jetzt: Back to work.

Viel Lärm um Nichts

Ich hasse Klischees. Vor allem dann, wenn sie wahr werden. Dass ganz Berlin nicht nur eine Wolke, sondern auch eine ewige Baustelle ist, erlebe ich grade jeden Morgen ab 7 Uhr. Jetzt ist es nicht mehr nur die Sanierung eines Wohnhauses, sondern auch noch die Ausweitung der Gehwege. Pünktlich um 7 fangen die an, die Strasse aufzusägen. Der Geräuschpegel entspricht einer startenden Boeing gefüllt mit laufenden Benzin-Rasenmähern, Baujahr 1972. Fuck! Auch hastig eingeführte Ohrstöpsel helfen nicht: Mein Schlafpensum ist ruiniert. Jetzt sitze ich im dröhnenden Inferno und möchte Arbeiten. Auch Grün- und Schwarztee ändern nichts an meinen lähmenden Kopfschmerzen.

Am meisten ärgert mich der Grund warum hier gebohrt, gesägt und gepresslufthämmert wird: Noch breitere Gehwege?! Warum das?! Hier im Kiez sind die sowieso schon ausladend genug!!! Die klassische Berlin-Nummer: Viel Lärm (und Geld) um Nichts!