Somewhere: This Must Be The Place

Da „Melancholia“ gestern Abend im Kino ausverkauft war, haben wir „Cheyenne – This Must Be The Place“ gesehen. Um es vorwegzunehmen: Der Film war mehr als nur ein Lückenbüßer. Die erste halbe Stunde erinnerte mich von der visuell sehr reduziert und konzentriert aufgefangenen Stimmung an „Somewhere“ von Sofia Coppola. Beide Filme dekonstruieren den Mythos vom erfüllten Leben im materiellen Wohlstand am oberen Ende der Superstar-Leiter. „Somewhere“ beginnt damit, dass der erfolgreiche Hollywood-Schauspieler gelangweilt seine Runden im schwarzen Ferrari dreht. „This must bet he Place“ eröffnet mit dem Blick auf das satte Leben eines ehemaligen Popstars, der sich zwischen Tiefkühlpizza und Sportprogramm im leeren Pool seiner großzügigen Villa bewegt.

Während der glattgebügelte und unkantige All-American Schauspieler in Somewhere an der Spitze seines Erfolges steht, blickt der alternde Popstar Cheyenne aus seinem zerfallenden Robert-Smith-Makeup auf seine gruftig schillernde Karriere vor 20 Jahren zurück. Beide Figuren eint die Einsamkeit und Langeweile die sich am vermeintlichen Zielpunkt für sie ergibt. Hallo Jugend: So sieht euer Traum vom Popstar/Schauspieler vielleicht in echt aus?! Aber vermutlich steht die Irgendwer-Sucht-den-Popstar-Jugend die altmodisch langsame Schnittfolge beider Filme sowieso nicht bis zum Schluss durch: Die wurden ja nicht mit Wim Wenders, sondern mit YouTube groß und dürften für beide Filme nicht mehr als ein „total langweilig, passiert ja nichts“ übrig haben.

„Somewhere“ bleibt dabei auf seiner ganzen Länge beim Thema Einsamkeit: Beliebiger Sex, beliebige Partys, beliebige Komfortsituationen, beliebige Dialoge. Und gerade deswegen ist „Somewhere“ sensationell entlarvend und zerschießt mit einer erzählerischen Dickflüssigkeit den amerikanischen und kapitalistischen Traum vom Leben on the Top.

„Cheyenne“ hingegen will irgendwie fast zuviel: Holocaust, Schuld und Sühne, Aufarbeitung von Familienproblemen, Robert Smith, Ozzy Osbourne, trampende Indianer, Wim Wenders, Humor, David Lynch und was weiß ich noch alles. Auch wenn „Cheyenne“ im Gegensatz zu „Somewhere“ das Thema nicht stringent durchzieht, so wirken beide Filme auf mich wie Variationen auf den Bankrott des Amerikanischen Traums. Letztlich passen sie auch hervorragend zur „Occupy“-Bewegung und der aktuellen Suche nach Alternativen zum Kapitalismus.

„Cheyenne – This Must Be The Place“ läuft gerade im Kino und „Somewhere“ habe ich vor etwa einem halben Jahr auf DVD gesehen. An beide Filme vergebe ich mal locker flockig 4 von 5 Sternen.

James Bond – Trash im Casino Royale

Gelegentlich versuche ich immer mal wieder meine Vorurteile zu ignorieren, und bin deshalb gestern Abend mit Freunden in den neuen James Bond Film „Casino Royale“ gegangen. Die in jahrzehntelanger Arbeit knusprig verkrusteten Vorurteile gegenüber dem Genre des Actionfilms waren allerdings sinnvoll und hätten mich vor diesem Schrott schützen können. Der Film war eine stereotype Endlosschleife von massentauglichen Proll-Sprüchen und überzogenen Spezialeffekten die auf eine extrem flache und durchsichtige „Story“ aufgesetzt wurden. Ich habe ja nicht viel erwartet, wurde dann aber bitter gelangweilt und beleidigt. Nach dem Motto „Wenn man nichts gutes zu sagen hat, dann sage besser nichts“ vertiefe ich mich jetzt nicht noch mehr in den schwelenden Totalverriss, sondern weise noch kurz auf durchaus sehenswertes hin:

Winterreise mit Josef Bierbichler im Kino
und Gregg Araki’s Mysterious Skin auf DVD.