Die Schäublone und die Meinungsfreiheit

Potzblitz. Bereits 2 Wochen ist es her, da wurde in München bei einer Fahrzeugkontrolle ein in der Heckscheibe angebrachtes Blatt Papier beschlagnahmt. Darauf: die Stasi-2.0-Schäublone. Grund der Beschlagnahmung war laut einem Mitarbeiter der Polizeipressestelle in München ein „Anfangsverdacht auf Beleidigung“ (SZ/ jetzt.de). Scheinbar liegt der Fall der dortigen Staatsanwaltschaft aber noch nicht vor.

Ich kenne ja keine andere Stadt in Deutschland, in der so rigoros und so oft Fahrzeugkontrollen durchgeführt werden. Selbst die Polizei scheint dort präsenter als präsent. Da wundert es mich nicht, daß ausgerechnet in München ein Stasi-2.0 Plakat beschlagnahmt wurde.

Sicher ist halt sicher. Und Meinung gehört geprüft.

Soso!

Daß die im April entstandene Schäublone als (mein) Meinungsbild solch breite Kreise zieht, war keinesweg ein von langer Hand geplanter Marketingag (wie anderswo mal vermutet), sondern bloß satirisch gefärbtes Ergebnis der Eingebung eines guten Freundes vermischt mit meiner damaligen Stimmungslage, in der sich nachweislich ein Haufen anderer ebenfalls befanden und zunehmend befinden.

So kam es also, daß ein Auto mit Schäuble-Konterfeit im Heck seit April durch München fuhr – als „stiller Protest“ an den Vorhaben der Bundesregierung – seltsamerweise unbehelligt, bis zu eben jener Fahrzeugkontrolle vor 2 Wochen.

Vor 2 Wochen war es auch als das Thema Sicherheit sich einmal mehr in den Mittelpunkt drängt: durch die Vereitelung „massiver Terroranschläge“ haben die geplanten Vorhaben der EU- und Bundesregierung wieder Aufwind in den Köpfen unserer angstschürenden Volksvertreter (na na – so gibt das keine Karmapunkte, meine Damen und Herren).

Der bunte Strauß an Maßnahmen umfaßt unter anderem

Dabei sind die geplanten Maßnahmen äußerst fragwürdig, denn längst ist klar, daß der Gewinn an Sicherheit in keinem Verhältnis zum Verlust an persönlicher Freiheit und informationeller Selbstbestimmung steht.

Aus gutem Grund also hat der Arbeitkreis Vorratsdatenspeicherung, ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, in Berlin am 22.9.2007 (ab14.30 Uhr) zur Demonstration gegen diesen Überwachungswahn aufgerufen.

Keine Frage: Ich werd da hingehen.

Achja – bleibt die Frage: Wenn Staubsaugervertreter Staubsauger verkaufen, was verkaufen dann Volksvertreter?

20 Gedanken zu „Die Schäublone und die Meinungsfreiheit

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  3. Ist Schäuble wirklich das Kernproblem? Oder ist der Schäublismus nicht mehr eine Begleiterscheinung eines diskussionsunwilligen Volks? Ich persönlich sehe Meinungsdeliktsgesetze wie z.B. §130 STGB als Kern der Demokratiegefährdung in Deutschland an. Wenn die Mehrheit des Volkes einschließlich der Überwachungskritiker sich nicht daran stört, daß jährlich mehrere tausend Menschen wegen Äußerung ihrer Meinung strafverfolgt werden und teilweise zu erheblichen Haftstrafen nur wegen Meinungsäußerungen, nicht wegen Gewalttaten verurteilt werden, dann ist die Demokratie gefährdet.Alle, die nur Stasi 2.0 kritisieren, dürfen sich dann nicht wundern, wenn nun auch die Linke in den Focus der Strafverfolger gerät, siehe die Verhaftung von Andrej H. wegen Verwendung bestimmter Wörter und dem Zugang zu Bibliotheken.

  4. Schäuble ist nicht das Kernproblem, er ist aber ein Teil eines Problemkomplexes. Aber, wie schon bei der letzten Bundestagswahl von Kommentatoren angemerkt, wir leben zunehmend in einer Gesellschaft, in dem sich Politik mehr um Personen als um Parteien dreht. Damals war dieser Kommentar natürlich auf den „Medienkanzler“ Schröder bezogen, nun mit der Aktion Schäublone können wir das alle in uns beobachten. Vielleicht ist es ganz natürlich, eine Art Darth-Vader-Effekt: Solange das Böse kein Gesicht hat gruseln wir uns noch viel mehr. Also geben wir ihm eines. Ich finde, es ist nicht das schlechteste. Stasi 2.0 ist ja schließlich nicht nur eine Schäublone sondern auch eine Mahnung, eben durch „Stasi 2.0“. Nur in Real Life eben weitgehend unbekannt…

  5. Als sich der Thomas bei uns via Email meldete, und ich seine Schilderung gelesen habe, wurde mir richtig schlecht – also physisch schlecht. Ich wollte und konnte das nicht glauben, dass man ihn wegen einem Aufkleber im Autofenster festnimmt.

    So eine Geschichte verortet man doch in Ländern wie Russland oder China…. aber doch nicht in Deutschland?!?!

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