Der Korsakow-Serientäter Florian Thalhofer ist durch Deutschland gereist, um die nach der WM vergessenen Deutschland-Fahnen samt der Besitzer zu portraitieren. Begleitet von Juliane Henrich und bewaffnet mit Videokamera und digitalem Notizblock, resultierte die 2562 km lange Reise in der multimedialen Arbeit Vergessene Fahnen.
In einem Logbuch (eigentlich ein Video-Blog) werden die Geschehnisse der 11 Tage dauernden Rundreise in (YouTube-)Videos und Tagebucheinträgen festgehalten. Dabei schätze ich vor allem den leicht schluffigen Erzählstil den man von Florian kennt:
… Anruf vom Deutschlandradio, ich gebe ein Interview. Danach bin ich ein wenig frustriert, weil ich so oberflächliches Zeug gesagt habe. Ich tröstete mich mit einem Fischbrötchen.
Juliane hat Fotos geschossen (z.B. auch das hier abgebildete) und natürlich gibt es auch wieder einen Korsakow-Film (Shockwave + Quicktime benötigt), dessen nicht-lineare Handlung der Benutzer beim anschauen selbst entwickelt.
Mein persönliches Flaggen-Highlight sah ich letzten Sommer in San Francisco: Sie baumelte alleine und windzerzaust an einem abgewrackten VW Polo der mir auf der Golden Gate Bridge entgegen kam.
schönes projekt. go florian und juliane, go!
„Vergessene Fahnen“ von Florian Thalhofer
Ausstellung über das Bedürfnis stolz zu sein und die Angst vor Symbolen
30. März bis 11. Mai 2007
Eröffnung: 30. März 2007 um 18:00 Uhr
Die Amsterdamer Kultureinrichtung Mediamatic zeigt vom 30. März bis zum 11. Mai 2007 die Ausstellung „Vergessene Fahnen“ vom deutschen Künstler Florian Thalhofer. Ein interaktives Roadmovie und Fotos erzählen über Landesgenossen, die Monate nach der Fußball-WM 2006 noch immer die Nationalflagge gehisst haben. Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem mit dem Begriff „Vaterland“, dem Bedürfnis stolz zu sein und der Angst vor Symbolik.
Das Zeigen der Nationalfahne ist Deutschen unangenehm. Im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 änderte sich dieses Unbehagen jedoch weitgehend. Die Deutschen verloren für eine Zeit ihre Angst vor einer Assoziierung mit rechten Nationalisten. Sie waren stolz auf ihr Vaterland und hingen zum ersten Mal massenweise Fahnen auf. Aber als sechs Monate nach der WM noch immer Fahnen wehten, wollte Florian Thalhofer wissen warum. Muss er Angst haben vor den Eigentümern dieser vergessenen Fahnen?
Thalhofer ging zusammen mit Fotografin Juliane Henrich auf die Suche nach Menschen, die ihre Fahne hängen ließen. Diese Begegnungen mündeten in einem interaktiven Roadmovie, das sich als eine Momentaufnahme, nicht nur von Deutschland, sondern von Westeuropa verstehen lässt. Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem Begriff „Vaterland“ und den ambivalenten Gefühlen, die nationale Symbole hervorrufen können. Die Flagge appelliert an Gefühle von Einheit und Identität. Aber auch unbequeme Gedanken an Rechtsradikalismus liegen dann nicht weit entfernt. „Vergessene Fahnen“ fragt nach Stereotypen und Vorurteilen vom Betrachter und Macher.
Mediamatic serviert während der Ausstellung Weißwurst mit bayrischem Bier und organisiert ein Rahmenprogramm mit Workshops (‚Würstchenmachen für Vegetarier‘) wie auch einen Nina Hagen Fanclubabend.
Der Film „Vergessene Fahnen“ wurde unter anderem möglich gemacht vom Goethe-Institut im Zusammenhang mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, und ist der deutsche Beitrag für das Projekt „Odysseus auf der Suche nach Europa“.
Veranstaltungsort: Mediamatic, Post CS Gebouw, Oosterdokskade 5, Amsterdam
Geöffnet: Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 18.00 bis 23.00 Uhr.
Eintritt: gratis
http://www.mediamatic.net/fahnen