Großmutter Paranoia

Heute einen langen Abend mit meiner 87-jährigen Oma verbracht. Geistig noch fit, aber viel von dieser Fitness steckt sie leider in ihre Paranoia. Angefangen hat das alles vor etwa 2 Jahren: Seither wird (fast) jeder in ihrem Umfeld verdächtigt. Ein Mieter klaut ihr nachts im Keller Heizöl aus der Zentralheizung (Beweis war ein ölverschmierter Fleck auf dem Boden). Dann kamen die Vögel, die sie früher auf ihrer Terrasse fütterte, plötzlich nicht mehr, da der Nachbarsjunge mit einem Gewehr auf sie schießt (schließlich ist er ja bei der Bundeswehr). Nachdem sie den Öl-Dieb-Mieter losgeworden ist, hat sich der Nachfolger (ein normaler Familienvater) heimlich Schlüssel ihrer gesamten Türschlösser nachgemacht und benutzt hinter ihrem Rücken ihr Badezimmer (um bei sich selbst Heizkosten zu sparen) und schneidet sich dort scheinbar auch die Haare. Als sie ihm gegenüber die Verdächtigung äußert, er würde in ihrer Abwesenheit in ihre Wohnzimmerpflanzen urinieren, beschließt er freiwillig auszuziehen. Die aktuellen Mieter verfügen scheinbar auch über Zweitschlüssel (obwohl sie nach dem letzten Mieter diverse Schlösser austauschen ließ) und schleichen nachts in ihren Gemächern umher. Als vor ein paar Monaten ihre weit über 20-jährige Katze gestorben ist, behauptete sie, der Sohn des Mieters hätte mit einer Eisenstange die Katze zu Tode gefoltert. Um diese Behauptung zu untermauern rief sie auch die Polizei. Ob sie denn nicht ihre Türen abschließe, wollte der Polizist wissen. Sie erwiderte: „Natürlich, aber die kommen überall rein“. Meine Eltern und die Frau, die sie regelmäßig betreut, versuchten sämtliche Vorwürfe mit vorsichtigen Hinweisen auf deren Absurdität zu entkräften. Aber sie bleibt bei ihrer Meinung. Schließlich schlägt ihre Betreuerin die Obduktion der toten Katze vor. Der Tierarzt diagnostiziert Tot aus Altersschwäche und kann keine Fremdeinwirkung feststellen. Auch das reicht nicht. Oma behauptet nun, der Mieter hätte den Tierarzt bestochen und so eine Falschaussage erwirkt.

Paranoia

Über diese ganzen Themen habe ich heute mehrere Stunden ruhig und teilweise besonnen mit ihr geredet. Konnte ihr die Absurdität ihrer Unterstellungen aber nicht klar machen. Bis auf die Tatsache, dass sie aufgrund einer Makuladegeneration inzwischen wirklich sehr schlecht sieht (man hat ihr vor 4 Jahren nach einem Autounfall den Führerschein entzogen) ist sie geistig und körperlich sehr fit. Sie arbeitet täglich mehrere Stunden in ihrem Garten und erinnert sich recht lückenlos an die Inhalte eines unserer Telefonate vor 4 Monaten.

Mit ihrer Paranoia macht sie sich und ihrem Umfeld das Leben schwer. Die Gespräche mit meinen Eltern und Verwandten brachten keine Besserung. Auch die liebe Dame, die sie regelmäßig betreut, kommt in diesem Punkt nicht weiter. Konsultierte Ärzte überrumpelt sie mit ihrer Geistesgegenwärtigkeit. Die Verschreibung von Psychopharmaka war bisher aus bürokratischen Ursachen scheinbar nicht möglich. Ich hoffe sehr für meine Oma, dass sie bald die richtigen Medikamente nehmen darf um sich die restlichen Jahre ihres Lebensabends noch schön und angenehm zu gestalten.

Woche 39 – Das dunkle Auge

Das dunkle Auge

Feldsee, Schwarzwald.

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Woche 38 – Stromausfall

Stromausfall

Stromversorgung, Sri Lanka.

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Sonderpreis Hysterie am Alexanderplatz

Nachdem ich in diversen Blogs (1, 2, 3, Fotos) und in den Nachrichten von dem Wahnsinn bei der Elektromarkteröffnung am Alexanderplatz hörte, habe ich gestern Abend, nach getaner Arbeit, einen Spaziergang nach Mitte gewagt. Schon auf dem Alexanderplatz kamen mir zahlreiche männliche Mitbürger vom Typ „Proll“ mit Kartons voller Flatscreens, Mikro-Kompaktanlagen und anderem Elektroschrott entgegen. Als ich dann gestern um 22 Uhr (am Tag nach der Eröffnung) vor dem Alexa stand, hat mich die Realität überrollt. Wenn man Ereignisse via Nachrichten und Videoberichte konsumiert, wird einem ja suggeriert selbst dabei zu sein. Aber live ist härter: Ich fühlte mich wie ein verwirrter Beobachter von einem anderen Planeten: Einlassgitter die den Menschenmassen Schlangenlinien aufzwingen, Müll, Securitykräfte, Prolls, Müll, kaputter Rollrasen, Polizei, Müll, Menschen mit Elektroschrott in Kartons, Müll, Glasscherben, Prekariat, noch mehr Müll. Ich wollte Bilder machen für diesen Text hier. Akku leer. Warum sind die scheiß Akkus immer dann leer, wenn man sie braucht?

Vor dem Elektromarkt stand eine Schlange. Hab mich nicht angestellt. Bin sprachlos durch die Einkaufspassage geschlendert. Im 2. OG gab es dann noch einen freien Eingang zum Elektromarkt. Sieht aus wie geplündert. Alle Rolltreppen stehen still. Sind mit Sonderangebot-Prospekt-Fetzen verstopft. An allen Kassen werden im 20 Sekunden-Takt Beträge von mehreren hundert Euro bezahlt. „Kann ich den Fernseher auch finanzieren … auch ohne Anzahlung?“ – „Hey goil Alder, voll geiles Handy“. Die Leute aus den Nachmittags-Talkshows gibt’s ja in echt! Bisher dachte ich immer: Die sind so fertig, das müssen Schauspieler sein. Nach 20 Minuten ist es zu viel. Ich muss raus aus dem Markt. Was gar nicht so einfach ist…

Es bleibt die Faszination dieser Massen-Sonderangebot-Hypnose, Erstaunen über die Macht der Werbung und die Manipulation über geschickte Propaganda und PR. Ich war kurz davor mir selbst was zu kaufen bei der ganzen Massenhysterie: Halt irgendwas wie einen MP3 Player, Kamera oder so… Konnte es mir grade noch verkneifen und ein paar Preise notiert, die ich eben mal kurz recherchiert habe: Die im Prospekt gepriesenen Angebote (Canon 400D, 2 Laptops) waren tatsächlich echte Schnäppchen und lagen um die 20% unter dem günstigsten Preis den ich im Internet auf die Schnelle finden konnte. Ich habe aber auch einige Preise von normalen Produkten im Laden notiert (MP3 Player, LCD-TVs), und die lagen 20 – 50% über den Internet-Tiefstpreisen, suggerierten aber in handgeschriebenen roten Lettern auch ein aktuelles Wahnsinn-Sau-Angebot zur Eröffnung. Vielleicht sollte ich eine neue Kamera kaufen? Es sind doch Welt-Tiefstpreise und so… Beinahe hätte mich die Schnäppchen-Propaganda dann vor Ort auch noch erwischt.

My tribute to die Ärzte

Ich hab mich hier schon an anderer Stelle als Ärzte-Sympathisant geoutet, und da dieses Tribute to die Ärzte Festival mit 17 Bands bereits zum 2 Mal ohne mich stattfand, musste ich diesmal einfach hin. Ich konnte sogar noch zwei Freunde dazu überreden sich mit Mitte 30 an die eigene Teenagerliebe zu erinnern. Als wir also zu Dritt um 19 Uhr in der etwas zwiespältigen Kulturbrauerei eintrafen, waren wir davon überzeugt, niemanden anzutreffen den wir kennen – das sollte sich auch bewahrheiten. Die Stimmung fühlte sich schon total Ärzte-mässig an: Also überall Teenager mit Irokesen-Frisuren und ein Attac Stand zum Thema G8-Gipfel. Nach den ersten (Schul-)Bands mit absehbaren Namen wie „Schrottkopf“ oder „Höhrsturtz“ waren wir synchronisiert: Während der Umbaupause holte Steffen und ich abwechselnd ein neues Bier – Andi zog sich mit „bin-von-gestern-noch-so-verkatert“ aus der Affäre und murmelte was von Kaffeetrinken. „Anneliese Schmidt“ (leider furchtbar gesungen) „Micha der Cowboy“ und andere Highlights aus dem gigantischen Ärzte-Repertoire wurden gespielt. Die nächste Band rekrutierte fünf Mädchen aus dem Publikum, die auf der Bühne den Refrain eines sehr alten Songs ins Mikro singen sollten: Da standen dann also 5 Schülerinnen und sangen lauthals „… mir ist so warm im Darm – mit seinem Samen im Darm“.

Was die ganzen Teenager da an Party mobilisierten war beachtenswert: Während wir noch immer im Seniorensektor (hinten-oben auf der Galerie) standen und uns am Becks festhielten, war ungefähr exakt die vordere Hälfte der Halle ein Pogo-tanzender wabernder Moshpit. Irgendwann nach der vierten oder fünften Coverband waren wir dann auch bei der sich bewegenden Masse und stellten lauthals unsere Text-Unsicherheit zur Schau. Ein Superabend, der auch von sporadischen schlechten Bands nicht zu entwerten war. Gegen Ende wurden die Bands dann allerdings immer unterwürfiger: Jede eigene Note sofort im Keim ersticken um möglichst exakt wie die originalen Ärzte zu klingen. So haben wir um 1 Uhr das Festival verlassen um später bei Falafel und Scotch zu landen – Aber das ist eine andere Geschichte…

Woche 37 – Kokosnuss Gefahr

Kokosnuss Gefahr

Strand in Sri Lanka
(Mehr Surfer sterben durch herab fallende Kokosnüsse als durch Haie).

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Digitale Penner Bohème im urbanen Cafe

Es ist ein Klischee aus den aktuellen Lifestyle-Medien: Menschen sitzen mit Laptops im Cafe und arbeiten dort bis der Akku leer ist. Die neuen Propheten schreiben diese Form der Cafe-Arbeit in die Schuhe der Digitalen Bohème. Gelegentlich wird diese Arbeitsweise auch dem neuen akademischen Prekariat zugeschrieben: Den Urbanen Pennern. Na jedenfalls bin ich gerade aus der alltäglichen Enge meines Heimbüros in eines der zahlreichen „Hier kostenloses WLAN“-Cafes des Prenzlauer Berges entflohen. Der neue Powerakku muss allerdings seine 6 Stunden Laufzeit unter WLAN-Last erst noch beweisen. Und obwohl ich jetzt seit über 4 Jahren selbständig bin, betätige ich mich zum ersten Mal, zumindest in meiner direkten Nachbarschaft, als Cafe-Arbeiter. Das Bild der individuellen Selbstverwirklicher-mit-Powerbook-im-Cafe-Sitzer wird ja in Zeiten des erstarkten Wirtschaftsbooms gerade wieder durch das viel ältere Bild der Manager-mit-Business-Notebook-im-Flugzeug-Sitzer abgelöst. Das Klischee der 30-Jährigen Laptop-Täter in Cafes ist inzwischen auch bei Bunte, RTL und der Bildzeitung schon wieder auf dem absteigenden Ast. Scheint fast so, als wäre ich mal wieder anti-zyklisch unterwegs. Egal – Hier sitze ich nun mit Catering-Service der mir grade ein Kännchen Earl Grey bringt. Im Gegensatz zu dem Jungjournalisten mit schlankem weißem Apple („Puderdose“), benutze ich ein altes PC-Schlachtschiff Anno 2002 von Toshiba, aber ich trinke ja auch Tee und keine Latte…

Von der Umfeld-Beobachtung zur Selbst-Beobachtung: Erstaunlicherweise fällt mir auf, dass ich in den letzten Stunden wesentlich konzentrierter an meiner To-Do-Liste arbeitete als ich das üblicherweise im Home Office mache – und das trotz der massiven Geräuschkulisse von Espressoautomat, schreienden Prenzlbergerkindern und der schlechten Musik in diesem Etablissement. Hier kam ich erst gar nicht auf die Idee mich durch Nebensächlichkeiten ablenken zu lassen. Auch wenn ich erst nicht weghören konnte, als der Jungjournalist („momentan studiere ich noch Kulturwissenschaften…“) mit Handy eine Medienredaktion nach der anderen anrief um seinen Artikel „über Reichtum und Armut in Deutschland“ in irgendeiner Zeitung unterzubringen. Irgendwann verschwand der Journalist mitsamt Kellnern, Kindern und Krautrock in meiner Ignoranzwolke und ich konnte mich voll und ganz auf meinen Bildschirm und meine Aufgaben konzentrieren. Genauso wie ich jetzt in Höllentempo diesen Artikel runtertippe den ich gleich auch direkt aus dem Cafe veröffentlichen werde. Hey, voll cool: Cafe-Blogging?! Der Akku zeigt noch immer 45% Ladekapazität aber ich werde jetzt doch aufbrechen, denn es wird kalt hier – warum hab ich mit dem Digitale Boheme Quatsch nicht schon im Sommer angefangen?