Dataloo bitte zur Sprechstunde

Politik-Digital und die Blogpiloten laden uns zur Sprechstunde ein. Im Gegensatz zu der kürzlichen Anfrage eines RTL-Kamerateams haben wir zugesagt. Immerhin sind wir da in Gesellschaft von Superstars wie Ulrich Wickert, Felix Schwenzel, Claudia Roth und MC Winkel. Bei solchen Gelegenheiten kann man ja immer viel über sich selbst herausfinden…

Was Sie schon immer über Dataloo wissen wollten,
aber bisher nicht zu fragen wagten
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Stasi 2.0: Symbole, Slogans und Aktionen

Eigentlich wollte ich ja so weitermachen wie bisher und das Thema Stasi 2.0 und den dranhängenden Rattenschwanz komplett Dirk überlassen. Ich selbst halte mich für einen unpolitischen Menschen, was wohl die meisten meiner Freunde und Bekannten sofort bestätigen würden. Trotzdem kann ich bei den ganzen Diskussionen um die Aktion Überwach! meine Finger nicht still halten und muss jetzt noch mal was dazu tippen.

Um das gleich mal klar zu stellen: Ich spreche hier als Mac und nicht als Dirk/Überwach!/Stasi2.0. Die Aktion Überwach hat Dirk im Alleingang entwickelt, ich habe ihm lediglich Zuspruch, Tipps und meinen Segen dafür gegeben.

Neben den kritischen Stimmen gibt es glücklicherweise auch sehr viel Begeisterte, die den kreativen Ansatz und die smarte Umsetzung loben. Aus den meisten Kritiken lese ich letztlich den Vorwurf „Das ist alles populistisch, moralisch bedenklich (die Wahl der Mittel und Waffen) und enthält keine fundierte Information“. Und ich sage: Ja, das stimmt – na und?

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Bei Überwach geht es nicht um eine perfekte und lückenlose Überwachung der staatlichen Organe (die wissen sehr wohl sich zu anonymisieren, wenn das nötig wäre), sondern es geht nur um eine konzeptionelle Darstellung des Überwachungsvorgangs. „Vorratsdatenspeicherung“ – was für ein typisch deutsches Wortkonstrukt! Was sagt das dem normalen Bürger um die Ecke?! Was kann er sich darunter vorstellen? Welche Vorgänge beinhaltet dieses Wort? Die Aktion Überwach ist ein Anschauungsobjekt, das sehr intuitiv verdeutlicht, was Überwachung im Internet ist, dabei werden die Rollen der Spione und Überwachten pikanterweise einfach umgedreht. Das ist populistisch, aber es ist auch Punk, und vor allem ist es ein kreativer Ansatz, um Aufmerksamkeit zu generieren.

Die Kritik

„…Denkt mal drüber nach, der Button ist nett, jedoch ohne fundamentale Aufklärung bullshit…“

trifft vielleicht einen wesentlichen Punkt. Dataloo ist kein Blog von intellektuellen Datenschutz-Aktivisten – nein, liebe Freunde, unser Motto lautet „United Trash!“. Wir sind nicht hier, um fundamentale Aufklärung zu leisten. Aber ich denke, die Aufmerksamkeit, die hier zum Thema generiert wurde, haben wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln an die entsprechenden Instanzen weitergeleitet. Wirklich überall, wo das möglich ist, verlinkt Dirk zum Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Freiheitsredner und zahlreichen weiteren Informationsressourcen. Darüber hinaus wurden inzwischen fast 1000 T-Shirts verkauft und die gesamten Einnahmen werden als Spende an den AK-Vorratsdatenspeicherung überwiesen. Zusammen mit dem Spendenanteil von Spreadshirt kommt da eine 4-stellige Summe zusammen – hey, ich hätte das Geld auch gerne versoffen!

Was wollt ihr eigentlich noch?! Das hier wird sicher nicht zum Datenschutz-Blog, zumindest nicht mein Teil von Dataloo. Die Anbindung an fundamentale Aufklärung durch enge Verlinkung, permanente Nennung und Aufforderung zur Selbstinformation sowie die selbst initiierte Spendensammlung finde ich mehr als ausreichend. Via Dataloo wurde eine große Aufmerksamkeit für das Thema generiert, ich fühle uns allerdings nicht zuständig für den fundamentalen Kern: Schuster, bleib bei deinen Leisten.

Bleibt zusammenfassend zu sagen: Der abstrakte Themenkomplex Vorratsdatenspeicherung wurde meiner Meinung nach mit der Aktion Überwach sehr gelungen in die Allgemeinsprache übersetzt und die dahinter liegenden Vorgänge beispielhaft visualisiert. Es handelt sich dabei mehr um ein Kunstprojekt als um ein ernst gemeintes technisches System zur Rück-Überwachung.

Die hier genutzten Symbole (Schäublone), Slogans (Stasi 2.0) und Aktionen (Überwach!) sind populistisch, oberflächlich und plakativ – aber eben auch treffend, komprimiert und in der Lage, in der breiten Masse mehr Aufmerksamkeit zu generieren als intellektuelle Abhandlungen zum Thema. Das hat keine Informationstiefe (kann es ja gar nicht!) und mag moralisch bedenklich sein, es ist aber pragmatisch. Die Aufmerksamkeit ist da, jetzt können die DatenschutzAktivisten gerne dort ansetzen, die Leute abholen und fundamentale Aufklärung betreiben.

Für mich ist Dataloo kein Aktivisten-Blog, weil ich keiner bin. Ich verabschiede mich jetzt ins analoge Leben, draußen scheint nämlich die Sonne.

Überwacht die Überwacher der Überwacher!

Political contribution networks

Eine prima Idee den US-Politikmarkt zu dokumentieren: Unfluence. Erinnert sehr an das legendäre, aber leider nicht mehr aktuelle They Rule, das Daten der freien Wirtschaft mit denen von opensecrets verknüpft. mehr…

Einen ähnlichen Ansatz für Deutschlands Politiklandschaft verfolgt Lars Burghard mit seinem Projekt der Politischen Datenbank für Parteienfinanzierung. Es fehlt dort allerdings noch an einer zusätzlichen Verknüpfung von Parteien, Firmen, Verbänden, Gewerkschaften, etc. und das auch auf der personellen Ebene. Auch das sollte machbar sein.

Und wie sieht das ganze EU-weit aus?

Datenkraken oder dies ist kein Politblog

In den letzten drei Wochen hat ein unerwarteter Aufmerksamkeits-Tornado unser kleines Datenklo etwas durchgeschüttelt. Involviert in den ganzen kreativen Prozess war nicht ich, sondern mein Blog-Kollege Dirk. Unser Telefoninterview mit dem Jetzt-Magazin gibt einen knappen Überblick über den ungefähren Ablauf der Dinge.

Ich selbst halte mich für einen unpolitischen Menschen, und fühle mich keiner Partei nahe. Trotzdem betrachte ich die Entwicklung des deutschen Staates zu einer gierigen Datenkrake, die sich alle verfügbaren Informationen der Bürger einverleiben möchte, mit zunehmender Sorge. Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung und mit geschickter Ausnutzung der herrschenden Angst-Kultur, werden die letzten Dämme gebrochen um endlich einen umfassenden Überwachungsapparat zu installieren. Die damals viel kritisierte Volkszählung wirkt im Vergleich zu den aktuellen Plänen geradezu lächerlich. Man erkauft sich hier ein klitzekleines Plus an (Pseudo-)Sicherheit mit dem Preis eines massiven Einschnittes in die Persönlichkeitsrechte und Freiheit des einzelnen Bürgers. Die Angst-Gesteuerten rufen an dieser Stelle „Ich habe nichts zu verbergen, und möchte mehr Sicherheit“, übersehen aber die wahren Folgen dieser Datensammelwut.

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[Bildquelle: Status Frustration]

Schon möglich, dass die Daten zuerst nur zweckbestimmt zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden. Doch wenn der Datenpool erstmal da ist, dann werden sich auch immer mehr staatliche und privat-wirtschaftliche Organisationen Zugang dazu verschaffen (Sehen wir ja gerade mit der Datensammlung der Maut, die sollte auch nie zu anderen Zwecken als der Abrechnung verwendet werden). Die Krankenversicherungen könnten ausspähen, wer, wann und wo, welche Risikosportarten ausübt oder sämtliche Käufe an Zigarettenautomaten lückenlos über Jahre hinweg dokumentieren. Arbeitgeber könnten uns beim Einstellungsgespräch mit sämtlichen verfügbaren Peinlichkeiten und privaten Verfehlungen konfrontieren. Irgendwann werden diverse Detektiv-Services (legal und/oder illegal) Zugriff auf den zentralen Datenpool erhalten, und das Anlegen eines ausführlichen und umfassenden Reports (Bewegungsprofil, Bekannten-Netzwerk, Krankheitsgeschichte, Kommunikationsprofil, Einkäufe …) über einen beliebigen Menschen wird letztlich eine Frage des Geldes werden.

Wollen wir alle in einer zentral überwachten Welt leben?
Schon mal 1984 gelesen, Brazil oder Gattaca gesehen?
Wir bewegen uns gerade auf solch eine düstere Welt zu, nicht nur durch die Aktivitäten der Nationalstaaten und derer Vereinigungen, sondern auch durch die ungebremste Datensammelwut von Wirtschaftsunternehmen wie Google.

Das war jetzt mein Beitrag zu Stasi 2.0, und der ging mehr ins politische als ich eigentlich wollte.