Handtelefone 2011 – o2 Kein Netz

Wir schreiben das Jahr 2011. Naja, wir schreiben es nicht, wir tippen es meistens. Eigentlich haben wir hunderte Tools und Kanäle um miteinander zu kommunizieren: Email, Skye, iChat, ICQ, Lync, Facebook, IrgendwasVZ (gibt’s die noch?), Twitter, SMS, Chatroulette (gibt’s das noch?) oder Cocktailbars – um nur einige zu nennen. Und ausgerechnet eine der älteste Kommunikationsformen neben Morsen und Brieftauben funktioniert 2011 überhaupt nicht: Telefonieren! Es scheint fast so, als ob wir für einen technologischen Fortschritt in einem anderen Gebiet einen herben Rückschritt in Kauf nehmen müssen. Seit 1997 hab ich ein Handtelefon, genauso lange bin ich schon bei o2 (damals noch „Viag Interkom“), aber noch nie war das Telefonieren so schwer wie momentan: Verbindungen brechen nach wenigen Minuten ab oder man ist trotz Vollausschlag der Netz-Anzeige überhaupt nicht erreichbar. Falls dann ein Gespräch über das o2-Netz doch mal zustande kommt, ist die Sprachqualität oft so schlecht, dass man das Gespräch abrechen muss. Mit den wirklich unbrauchbaren Datenverbindungen in Berlin möchte ich gar nicht erst anfangen…

Der Berliner moeffju hat sich offenbar darüber bei o2 beschwert und wurde von der Hotline als Einzelfall deklariert. Daraufhin hat er die Plattform Wir-Sind-Einzelfall ans Netz angeschlossen. Inzwischen sind dort knapp 8000 Einzelfälle dokumentiert. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass besonders genervte Menschen das Meldeformular gleich mehrfach ausfüllen, bleibt in der Summe eine massive und deutliche Zahl!

Neulich hat mir ein Freund sogar von der Kündigung einer o2-Mobilfunkantenne auf seinem Nachbarhaus erzählt. So steht zu befürchten, dass die offizielle „o2 Mehr Netz“-Kampagne von deren internem Controlling als „Kein Netz“ geführt wird.

Kommunikationsverweigerung

Ein befreundetes Paar schafft es, sich sehr konsequent von störenden Kommunikationskanälen abzuschirmen: F. hat momentan auf seiner Handynummer nur eine Ansage (sinngemäß: Ich bin hier quasi nicht zu erreichen, Notfälle bitte per Email) und die Mailbox deaktiviert. Seine Freundin J. ist sowieso schon langjährige Mobilfunke-Gegnerin und auf ihrer Alibi-Festnetznummer genrell nicht zu erreichen. Ob sie meine Emails liest, weiß ich nicht so genau, denn bisher habe ich weder Fehlermeldung noch Antwort auf meine Nachrichten erhalten. Wirklich bemerkenswert und hartnäckig wie die Beiden sich aus dem Kommunikations-Overkill des allgegenwärtigen Sozio-Wahnsinns ausklinken und ihre ganz eigene Realität erschaffen. Vermutlich kann man das aber nur als Schauspieler in der Sommerpause und als Professorin in den Semesterferien, was sie zum Glück beide sind.