Volkszählung 2011

Erbsenzählen, Datenerheben, personalisiert, einmal mehr: Es könnte nach der letzen Zählung 1987 bereits 2011 schon wieder soweit sein – die Große Koalition aus CDU/CSU & SPD hat dazu am Donnerstag die Weichen gestellt.

Genauere Infos zum Vorhaben, dem Nutzen und den Methoden finden sich im Portal der Statistischen Bundes- und Landesämter zum Projekt Zensus2011. Vereinfacht ausgedrückt geht es darum bestimmte vorhandene Datenbestände auszuwerten, quasi zusammenzuziehen und dann fehlende Daten per Volkszählung zu ergänzen, um so eine aktuelle Basis für statistische Zwecke zu erhalten.

Interessant in diesem Zusammenhang auch die Aussage von Prof. Spiros Simitis im Zeit-Interview zum Thema Datensammeln von Staat und Privatwirtschaft:

„Die Unterscheidung zwischen privaten und staatlichen Datensammlungen ist längst hinfällig, wie Erfahrungen etwa in den Vereinigten Staaten zeigen. Die Daten, die uns betreffen, sind alle schon gesammelt, und zwar primär in immer größeren privaten Dateien. Das hat zur Folge, dass der Staat selber nicht mehr zu sammeln braucht. Was ihn interessiert, ist der Zugriff auf die privaten Datenbestände. Das können sie etwa sehen an der derzeitigen Diskussion um die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten. Der Staat tut da nichts. Er zwingt die Privatwirtschaft, bestimmte Daten zu erheben, und holt sie sich dann.“

Wenn sich das tatsächlich verstärkt in diese Richtung entwickeln sollte – hin zur staatlichen Abnahme anfallender Alltagsdatenströme zwischen Personen und Unternehmen, dann dürfte es schwer werden die Datenerhebung im privatwirtschaftlichen Bereich in Zukunft entsprechend strikt zu reglementieren. Das schreit geradezu nach einem Interessenskonflikt des Staates: hier stehen datenschutzrechtliche Interessen gegen die Erhebung einer bestmögliche Nutzdatenbasis für welche Zwecke dann auch immer.

Bombige Technikkunst

Technikkunst, ja, die lieb ich. Und genau die ist seit kurzem auch bei Spreeblick zu bewundern: frattenizer.

Die Idee ist – wie stets bei den guten Dingen dieser Welt – simple & ja: bombig. Die Umsetzung und Einbindung in Form eines kleinen Javascript-Pakets einfach. Die Haptik hervorragend – es wird sofort klar:

Hier geht es (ganz ganz extrem kurz mal von der rechtlichen Fragwürdigkeit abgesehen) um den Schwachsinn einer Zensur, die von Inkompetenz nur so strotzenden Informationstechniklahmen gefordert wird.

Sonderpreis Hysterie am Alexanderplatz

Nachdem ich in diversen Blogs (1, 2, 3, Fotos) und in den Nachrichten von dem Wahnsinn bei der Elektromarkteröffnung am Alexanderplatz hörte, habe ich gestern Abend, nach getaner Arbeit, einen Spaziergang nach Mitte gewagt. Schon auf dem Alexanderplatz kamen mir zahlreiche männliche Mitbürger vom Typ „Proll“ mit Kartons voller Flatscreens, Mikro-Kompaktanlagen und anderem Elektroschrott entgegen. Als ich dann gestern um 22 Uhr (am Tag nach der Eröffnung) vor dem Alexa stand, hat mich die Realität überrollt. Wenn man Ereignisse via Nachrichten und Videoberichte konsumiert, wird einem ja suggeriert selbst dabei zu sein. Aber live ist härter: Ich fühlte mich wie ein verwirrter Beobachter von einem anderen Planeten: Einlassgitter die den Menschenmassen Schlangenlinien aufzwingen, Müll, Securitykräfte, Prolls, Müll, kaputter Rollrasen, Polizei, Müll, Menschen mit Elektroschrott in Kartons, Müll, Glasscherben, Prekariat, noch mehr Müll. Ich wollte Bilder machen für diesen Text hier. Akku leer. Warum sind die scheiß Akkus immer dann leer, wenn man sie braucht?

Vor dem Elektromarkt stand eine Schlange. Hab mich nicht angestellt. Bin sprachlos durch die Einkaufspassage geschlendert. Im 2. OG gab es dann noch einen freien Eingang zum Elektromarkt. Sieht aus wie geplündert. Alle Rolltreppen stehen still. Sind mit Sonderangebot-Prospekt-Fetzen verstopft. An allen Kassen werden im 20 Sekunden-Takt Beträge von mehreren hundert Euro bezahlt. „Kann ich den Fernseher auch finanzieren … auch ohne Anzahlung?“ – „Hey goil Alder, voll geiles Handy“. Die Leute aus den Nachmittags-Talkshows gibt’s ja in echt! Bisher dachte ich immer: Die sind so fertig, das müssen Schauspieler sein. Nach 20 Minuten ist es zu viel. Ich muss raus aus dem Markt. Was gar nicht so einfach ist…

Es bleibt die Faszination dieser Massen-Sonderangebot-Hypnose, Erstaunen über die Macht der Werbung und die Manipulation über geschickte Propaganda und PR. Ich war kurz davor mir selbst was zu kaufen bei der ganzen Massenhysterie: Halt irgendwas wie einen MP3 Player, Kamera oder so… Konnte es mir grade noch verkneifen und ein paar Preise notiert, die ich eben mal kurz recherchiert habe: Die im Prospekt gepriesenen Angebote (Canon 400D, 2 Laptops) waren tatsächlich echte Schnäppchen und lagen um die 20% unter dem günstigsten Preis den ich im Internet auf die Schnelle finden konnte. Ich habe aber auch einige Preise von normalen Produkten im Laden notiert (MP3 Player, LCD-TVs), und die lagen 20 – 50% über den Internet-Tiefstpreisen, suggerierten aber in handgeschriebenen roten Lettern auch ein aktuelles Wahnsinn-Sau-Angebot zur Eröffnung. Vielleicht sollte ich eine neue Kamera kaufen? Es sind doch Welt-Tiefstpreise und so… Beinahe hätte mich die Schnäppchen-Propaganda dann vor Ort auch noch erwischt.

Die Bahn raucht

Schön, daß in Zügen und Bahnhöfen von nun an Rauchverbot herrscht.

Auch fein, daß sich Raucher jetzt auf manchen Bahnhöfen (wie schon früher in manchen Schulen – ach wie schön) zusammengepfercht in Raucherecken gegenseitig zurauchen müssen.

Tolles Bild übrigens: sich zurauchen.

Endsprima, daß man sich im besonderen (und ich mich im speziellen) an Bahnhofseingängen durch eine dicke blaugraue Wand aus Feinstrauch kämpfen muß, weil inzwischen 10 mal so viele Qualmer dort um die Steckierdeineglühkipperein-Eimer stehen, deren Zichte schnell noch weg muß bevor es der Zug ist, oder die nach zig Stunden nicht enden wollender Fahrt (zzgl. Verspätung) endlich wieder ran dürfen an ihr Lungenbrötchen.

Und wehe es beschwert sich einer über die grausamen Freiheitseinschränkungen der rauchenden Bevölkerung – ich kann nirgends an der Sucht „Rauchen“ Freiheitliches entdecken und schon gar nicht am stetigen, finanziellen Transfer hin zu Staat und Seltsamkonzernen für den schlechtesten Tabak den es gibt und je gegeben hat.

Oder anders: bau deinen Tabak selbst andas wär wenigstens mal was!

Und apropos Lungenbrötchen: gestern das Wort Schnitzelfriedhof in meinen Wortschatz aufgenommen.

Berühmt statt Reich

Wollten junge Menschen früher noch reich werden, so ist das Ziel der heutigen Jugend Berühmtheit. Diese zweifelhafte Ambition spiegelt sich in Formaten wie Popstars, Germany’s Next Topmodel, Deutschland such den Superstar und dem ganzen anderen Medientrash. Hier geht es um billig zu bekommenden User-Generated-Content der zum Mitfieber, Gutfinden, Abklatschen und Lästern auf dem Bildschirm inszeniert wird. Jetzt gibt es auch die passende Internetplattform GetFamous bei der sich die willigen Teenies und Twens anbiedern dürfen. Bleibt zu vermuten, dass es im heutigen Zeitalter der Unverbindlichkeit auch hierbei nur um Liebe und Anerkennung geht. Es geht um die Liebe einer anonymen Masse, die sich genau so plötzlich ins Gegenteil umdrehen kann, wie sie ursprünglich angefangen hat. Ein Auswuchs der allgegenwärtigen Unloyalität die in gewissen Teilbereichen der Gesellschaft immer mehr um sich greift.

Eigentlich entstand dieses „Das prangere ich an“-Posting nur dadurch, dass ich eine Meldung zu eben dieser GetFamous Website gelesen habe. Und dann habe ich mich wieder zu völlig unfundierten Behauptungen und Ableitungen hinreißen lassen. Aber so geht’s wenn man nichts im Magen hat.

Soso – Frau Laske hat also ihre Geldbörse verloren

Heute ist Pfadfinder-Tag. Da trifft es sich ganz gut, daß ich heute einen Geldbeutel gefunden hab. Mitten auf der Strasse liegend, mehrmals von Autos überrollt, offensichtlich sehr verloren.

Jeder der schon auf seinen Geldbeutel verzichten mußte, weiß was für einen Riesenaufwand es ist die ganzen Dokumente wieder zu beschaffen… kein Mensch hat soviel Zeit, Nerven und Geld übrig …

Also – wie wird man Fundsachen in Berlin wieder los? Eine kurze Recherche zeigt mehrere Optionen.

Doch meine kurze Recherche brachte auch Erstaunliches hervor. So scheut das Berliner Fundbüro im Gegensatz zu anderen nicht davor zurück in ihren online durchsuchbaren Datenbeständen konkret Vornamen und Namen und stellenweise auch Wohnort oder Geburtsdatum der Besitzer von Reisepässen, Personalausweisen, Kreditkarten, EC-Karten und diverser anderen Karten öffentlich aufzuführen. Der Seitentitel „Bürgersuche“ bekommt dadurch eine ganz neue Bedeutung….

Persönliche Fundsachen?

Auf den ersten Blick wahnsinnig hilfreich bei der Suche nach eigenen verlorenen Dingen, auf den zweiten Blick aber alles andere als eine gute Idee und datenschutzrechtlich gar nicht okay und ein Fall für Berlins Datenschutzbeauftragten Dr. Alexander Dix.

Die Hamburger sind wenigstens so schlau nur das Geburtsdatum als Referenz zu nehmen, bei anderen werden gleich gar keine personenbezogenen Daten gelistet und vermutlich auch erst gar nicht in die öffentlich zugänglichen Datenbestände aufgenommen.

Mein Vorschlag: Warum nicht eine Inverssuche etablieren, zb nach dem Geburtsdatum und das verbunden mit einem Captcha um Massenanfragen zu unterbinden? Das wäre rechtlich sicherlich okay und weiterhin ganz praktisch.

Achja – der gefundene Geldbeutel ist übrgens jetzt bei der Polizeiwache umme Ecke oder vielleicht sogar schon auf dem Weg zu seinem Besitzer. Die Aufnahme der Fundsache selbst wäre sicherlich viel schneller als eine halbe Stunde von statten gegangen, wenn der Computer zum Formularausdrucken nicht bereits im letzten Jahrtausend angeschafft worden wäre. Herr Dr. Ehrhart Körting da müssen Sie mal mehr Geld investieren, dann bleibt der Polizei mehr Zeit für anderes…