Datenkraken oder dies ist kein Politblog

In den letzten drei Wochen hat ein unerwarteter Aufmerksamkeits-Tornado unser kleines Datenklo etwas durchgeschüttelt. Involviert in den ganzen kreativen Prozess war nicht ich, sondern mein Blog-Kollege Dirk. Unser Telefoninterview mit dem Jetzt-Magazin gibt einen knappen Überblick über den ungefähren Ablauf der Dinge.

Ich selbst halte mich für einen unpolitischen Menschen, und fühle mich keiner Partei nahe. Trotzdem betrachte ich die Entwicklung des deutschen Staates zu einer gierigen Datenkrake, die sich alle verfügbaren Informationen der Bürger einverleiben möchte, mit zunehmender Sorge. Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung und mit geschickter Ausnutzung der herrschenden Angst-Kultur, werden die letzten Dämme gebrochen um endlich einen umfassenden Überwachungsapparat zu installieren. Die damals viel kritisierte Volkszählung wirkt im Vergleich zu den aktuellen Plänen geradezu lächerlich. Man erkauft sich hier ein klitzekleines Plus an (Pseudo-)Sicherheit mit dem Preis eines massiven Einschnittes in die Persönlichkeitsrechte und Freiheit des einzelnen Bürgers. Die Angst-Gesteuerten rufen an dieser Stelle „Ich habe nichts zu verbergen, und möchte mehr Sicherheit“, übersehen aber die wahren Folgen dieser Datensammelwut.

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[Bildquelle: Status Frustration]

Schon möglich, dass die Daten zuerst nur zweckbestimmt zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden. Doch wenn der Datenpool erstmal da ist, dann werden sich auch immer mehr staatliche und privat-wirtschaftliche Organisationen Zugang dazu verschaffen (Sehen wir ja gerade mit der Datensammlung der Maut, die sollte auch nie zu anderen Zwecken als der Abrechnung verwendet werden). Die Krankenversicherungen könnten ausspähen, wer, wann und wo, welche Risikosportarten ausübt oder sämtliche Käufe an Zigarettenautomaten lückenlos über Jahre hinweg dokumentieren. Arbeitgeber könnten uns beim Einstellungsgespräch mit sämtlichen verfügbaren Peinlichkeiten und privaten Verfehlungen konfrontieren. Irgendwann werden diverse Detektiv-Services (legal und/oder illegal) Zugriff auf den zentralen Datenpool erhalten, und das Anlegen eines ausführlichen und umfassenden Reports (Bewegungsprofil, Bekannten-Netzwerk, Krankheitsgeschichte, Kommunikationsprofil, Einkäufe …) über einen beliebigen Menschen wird letztlich eine Frage des Geldes werden.

Wollen wir alle in einer zentral überwachten Welt leben?
Schon mal 1984 gelesen, Brazil oder Gattaca gesehen?
Wir bewegen uns gerade auf solch eine düstere Welt zu, nicht nur durch die Aktivitäten der Nationalstaaten und derer Vereinigungen, sondern auch durch die ungebremste Datensammelwut von Wirtschaftsunternehmen wie Google.

Das war jetzt mein Beitrag zu Stasi 2.0, und der ging mehr ins politische als ich eigentlich wollte.

Stasi 2.0 revisited

Ihr seid großartig! Wahnsinn! Was die letzten Tage hier abgeht… wer sich übrigens fragt wo der Urspung des Begriffs „Stasi 2.0“ liegt, darf gerne dies und das lesen.

Doch bekanntlicherweise ist nicht alles Gold was glänzt: ich muß ja gestehen, daß ich mich zuvor lediglich minimalstvagetangentialperifer mit den immer neuen Regierungsvorhaben wie Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsverkehrs- und biometrischen Daten (in Form von digitalem Fingerabdruck und Passbild) und damit quasi auch der Abschaffung der Unschuldsvermutung beschäftigt habe, aber irgendwann gar nicht anders konnte als recht empört zu reagieren. Willkommen im Longtail…

Wer es bisher ebenfalls versäumt hat, sollte – nein – muß sich das hier alles zu Gemüte führen und begreifen um was es eigentlich geht.

Denn was zurecht viele gerade bemängeln: wir posten bloß, gehn nen Kaffee trinken und hoffen, daß in der Zwischenzeit endlich jemand was dagegen unternimmt.

Es geht darum von der Empörung über ein Versprechen zu vielen Taten zu gelangen. Einen guten Teil kann man übrigens auch prima vom Rechner aus angehn.

Auch wer bisher lediglich das Stasi2.0-Schäublonen-Bild gepostet hat sollte wenigstens sachlich fair zusätzlich einen Link zum Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung setzen um den ganzen mehr Gehalt zu geben – weg vom Hype hin zur Versachlichung.

Außerdem: an die eigene Bloggernase fassen: hab mit als erste Reaktion auf die Wellen der Begeisterung erst mal das feine WordPress Plugin Delete Comment IP installiert um der eigenen Vorratsdatenspeicherung Einhalt zu gebieten. Jetzt werden Kommentare nach fünf Tagen automatisch in der Datenbank von IP- und Email-Adressen und dem Webbrowser-ID (UserAgent) befreit (was ganz gut mit Spam Karma zu harmonieren scheint) – zumindest wird so das Mapping mit den Webserver-Logs etwas erschwert. Hier wird detailiert beschrieben wie es sogar ganz ohne IP geht – auch mit anderer Blogsoftware – und außerdem mit schönen Siegel-Buttons für die eigene Site.

Zu guter Letzt einen gutgemeinten Ratschlag (die sind ja bestenfalls das Schlimmste) an die Volksvertreter: liebe Regierung, liebes Bundeskabinett, hallo Herr Bundesinnenminister Schäuble – Augen auf, Ohren auf: wie wär´s mal zur Abwechslung mit Liebe statt Angst schüren.

[update]

Die Piratenpartei ist auch dabei.

Stasi 2.0

Schäuble goes Stasi 2.0

Ich weiß nicht wie´s euch geht – aber gefühlsmäßig triffts Stasi 2.0 haargenau. Eigentlich erwarte ich mir von einem Bundesinnenminister wesentlich mehr als die Verantwortung für innerer (Verun)sicherheit. Die (natürlich nur auf meine Empfangsgewohnheiten bezogene) mediale Präsenz von Meister Schäuble beschränkt sich doch tatsächlich nur auf angstverbreitende, datensammelwütige Dinge wie Bundestrojaner, Vorratsdatenspeicherung, Fingerabdruckchips und Ausweise mit charmbefreiten Passbildern und womöglich bald zwingender Fahndungsoption und zentralen Datenbanken wo du nur hinschaust.

Dabei sollte er mal etwas Positives verbreiten – ich vermisse so Momente bei ihm die die Merkel so kindknutgleich bei der Fußball-WM schon längst hatte…

Was will er damit nur kompensieren?

[UPDATE]

Wer selbst Hand anlegen möchte – hab ne Schablonenschäuble Stasi 2.0 Vorlage (PDF) bzw als PNG (mit Pfaden für zb Adobe Fireworks) zusammengeschustert….

[UPDATE 2]

1000 Dank für die Hinweise. Hab die CC-Lizenz fürs wirklich echte Handanlegen auf Share Alike umgestellt. Besser ist das! Siehe [UPDATE 9]..

Übrigens: jetzt auch als einfaches AI.

[UPDATE 3]

Jetzt endlich auch als SVG – der Dank geht an Sylvan fürs artgerechte Linuxgimpinkspace-konvertieren.

[UPDATE 4-5]

Für Geduldige: *Spreadshirt* zum Selbstkostenpreis (Spreadshirt verdient natürlich immer daran mit…) kommt bald nicht. Es gab rechtliche Bedenken und das Motiv wurde abgelehnt. Na gut. So sei es dann: alle Sehnsüchtigen begeben sich schnellstens in ihren Lieblingscopyshop und lassen sich dort ganz privat für sich eins anfertigen – und nie vergessen: Beweisfoto machen.

[UPDATE 6]

Revisited.

[UPDATE 7]

Als Dankeschön gibt´s zur Schäublone jetzt nen ganzen Font.

[UPDATE 8]

… und endlich was zum An-, Aus- und Aufziehen.

[UPDATE 9 / 30.08.07]

Lizenzänderung: die Schäublone steht jetzt unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0. Damit harmoniert es besser mit der Lizenz des Parole Fonts und den lizenzrechtlichen Bedingungen der Wikipedia.

Bleibt mein Wunsch, daß ihr die Schäublone auch weiterhin für anregende politische Kommunikation einsetzt und nicht einfach so ohne Nachdenken für primär kommerziellen Ehrgeiz verheizt: Klärt auf, um was es geht.

Unterwegs mit der Bahn

Über die Bahn zu lästern ist einfach: Verspätungen, überteuert und organisatorisches Bilderbuch-Chaos. Um es vorweg zu nehmen: Ich bin sowieso schon absoluter Bahnhasser und ziehe es vor, Mittel- bis Langstrecken mit den klimaunfreundlichen Billigflieger zurückzulegen. Jetzt musste ich allerdings aus familiären Gründen kurzfristig eine Fahrt in die alte Heimat buchen und die Flieger waren schon bei Spitzenpreisen. Sonntagmittag am Berliner Hauptbahnhof schon ausufernde Menschenmassen die ein zügiges Vorankommen im Keime ersticken. Ist das Gebäude aufgrund von diversen Sturmschäden jetzt schon im Sightseeing-Programm der Wochenendtouristen? Und ich habe Glück: Der erste Kartenautomat funktioniert und druckt mir meine vorläufige Bahncard25 aus. Die Bahncard war für mich bisher Ausdruck der Kleinbürgerlichkeit und lag in der Nähe von Campingplätzen, Gartenzwergen und Tchibo-Snowboardjacken (hab ich selbst eine). Der Zug kommt tatsächlich pünktlich. Allerdings ist die Reihenfolge der Wagen heute ausnahmsweise invertiert, was 5 Minuten vor Zugeinfahrt über die Lautsprecher verkündet wird. Sofortiges Chaos: Panische Großmütter kämpfen sich mit ihren Rollkoffern von Abschnitt „G“ zu „A“, also über den gesamten Bahnsteig. Natürlich versuchen die von Abschnitt „A“ zu ihrem reservierten Platz auf Abschnitt „G“ zu sprinten. Ich versuche ruhig zu bleiben und meinen Kater zu ignorieren.

Im Wagen angekommen entdecke ich, dass sich meine Platz-Reservierung entgegen meinen Wünschen im Raucherabteil befindet. Hier sitzen Susi, Maik und Ben wenn sie grade mal nicht in den Nachmittags-Talkshows sind: German White Trash. Außerdem ein kettenrauchendes Elternpaar das wie 50 aussieht, aufgrund ihres 5-jährigen leicht mutierten Sohnes allerdings wohl eher Anfang 30 ist. Sat1 und RTL hätten hier sicherlich eine hohe Erfolgsquote beim Rekrutieren von Talkshow-Kandidaten zum Thema „Inzucht schändete unser Kind“ oder „6 Aus 49 – Wer ist wohl der Vater?“. Ich bin total sauer weil ich keine Steckdosen finde um mein Laptop zu versorgen, denn das sollte doch der Vorteil der Bahnfahrt sein: 8 Stunden Arbeit, Spiel und Spaß mit dem Computer.

Diesen Text habe ich mit Akkustrom geschrieben, bis mir gerade der Schaffner erklärte wo die Steckdosen an jedem(!) Platz zu finden sind. Bahnfahren ist gar nicht so schlecht.

Frühblüher Allergieschock

Nachdem mein Immunsystem in der letzten Woche auf 1800 – 3500 Metern Meereshöhe (Saas Fee) nur mit Kälte, geringer Luftfeuchtigkeit und erhöhter Alkoholzufuhr zu tun hatte, werden jetzt, zurück in Berlin, die Pollen der Frühblüher (Esche, Erle…) zum Feinbild stilisiert. Die Pollenkörner sind ja an sich völlig harmlos, werden aber von meinem Körper als Angriff der Vogelgrippe fehlinterpretiert: Kopf in wummernder Watte, tränende Augen und unerwartete Niesanfälle.

Da hilft nur Nasendusche mit Meersalz, Körperdusche mit Seife und Haardusche mit Biershampoo – Am Besten morgens und abends.

Reisebekanntschaften

Wenn man mit Flugzeug, Bus und Bahn unterwegs ist, dann begegnen einem die unterschiedlichsten Zeitgenossen.

Gestern bei Easyjet ganz hinten den Fensterplatz belegt und mich gefreut, dass rechts neben mir nur noch eine junge Schweizerin auf dem Gangplatz sitzt. Kurz vor Abflug kommt ein hoch-kommunikativer Mann (Mitte 40) den Gang entlang, und kündigt lautstark an wie viel Glück wir doch hätten, denn er würde sich zwischen uns setzen. Ich ziehe mich unter meine Koss-Kopfhörer zu Bloc Party zurück (laut!). Da kommt der Ellenbogen und er fragt mich ob ich auch gute Musik hören würde – Aber ja doch! Ab jetzt zeigt der Mensch sich als hyperaktiver Pausenclown: Er bestellt lautstark Kaffee, Wasser, Weißwein und irgendwelche Snacks während er die Schweizerin in wirre Diskussionen über (Schweizer) Dialekt, Astrologische Beratung und Homöopathie verwickelt. Als ich nach einem Powernapp aufwache ist mein Tablett ausgeklappt und mehrere randvoll gefüllte Becher vom Pausenclown stehen drauf. Nachdem er von der Toilette zurückkommt, komme ich nicht mal dazu nachzufragen was das soll: „Ich habe den Kaffee nicht vertragen, Verdauungsprobleme!“ schleudert er mir zuviel Information entgegen. Eine umständliche Hinsetz-Aktion mit zahlreichen Taschen, Bechern, Magazinen und sonstigem Kram folgt. Hey ich bin müde und will einfach nur meine Ruhe!

Nachdem ich den Pausenclown stoisch ertragen habe und das Gepäck vom Band gefischt ist, schlendere ich zur S-Bahn um mein Schicksal der BVG anzuvertrauen. Auf dem Weg spricht mich jemand mit „Are you from Berlin?“ an, und es zeigt sich, dass wir beiden den Alexanderplatz als gemeinsames Ziel haben. Edward kommt aus Neuseeland, ist Schlagzeuger einer Band mit der er gerade in Europa spielt und ein angenehmer Gesprächspartner mit gutem Musikgeschmack. Man unterhält sich über das Leben in unterschiedlichen Städten (London, Sydney, Berlin, Paris), über Musik (Die CD mit seiner Musik muss ich mir dann auch mal anhören) und Konzerte und überbrückt so die fast 2 Stunden Fahrzeit mit 3-maligem Umsteigen (Danke BVG!). Wenn die Gefährtin nicht zu Hause gewartet hätte, dann wäre ich eventuell noch mit Ihm und weiteren 5 WeltenbummlerInnen (die Ihn am Alexanderplatz erwarteten) ein „local beer“ (kein Becks!) trinken gegangen. So fand die lange Reise (Elektroauto, Auto, Flugzeug, S-Bahn, U-Bahn) dann aber mit der Süßen im heimeligen Wohnzimmer ein angenehmes Ende.

Mundwinkel drehen von unten nach oben

Dieses Jahr schon 10 Tage früher als im letzten Jahr: In Berlin trägt man die Mundwinkel wieder nach oben – der Frühling ist da.
Und die bei der konzentrierten Arbeit wirklich extrem störenden Straßenmusikanten sind auch schon wieder auf ihren Wir-nerven-Mac-Touren.

Spamschlucken

Warum immer das tun was alle tun?

Spamhereinfallen, Spamerkennen, Spamfiltern, Spamhassen, Spamverschieben, Spamlöschen, Spamvermeiden …

Spamschlucker aka stephan@spamschlucker.org will das nicht. Er will Spam sammeln so viel und so schnell wie´s nur geht. Dabei gewinnt er lustige Einblicke in die düsterdreckigen Ecken des Spamgeschäfts – ein herzliches Willkommen auf den Kaffeefahrten der Neuzeit.

Wünschen wir ihm viel Erfolg bei seinem heeren Ziel eine halbe Mille Spammails im Jahr 2007 für uns zu schlucken und hoffen, daß seiner Emailadresse kein Spamaufmerksamkeitsdefizit widerfährt und die Googleanzeigen prima konvertieren…