Moderne Nomaden

Bemerkenswert was da an neuen Berufsbildern vorgelebt wird: Zwei meiner Bekannten haben das Reisen jetzt endgültig mit ihrer Arbeit fusioniert. Während Jörg Pfeiffer mit seinem hellblauen Bus gerade im Auftrag des Herren Spiegels in Belgien zwischen Frittenbuden und Karottenmuseum unterwegs ist, fährt Florian Thalhofer mit einem Motorrad (im Auftrag des Herren Goethe-Instituts) quer durch die USA und sucht den typischen Amerikaner.

Beide Projekte sind sich ja durchaus nicht unähnlich, und da sich Jörg und Florian noch nicht persönlich kennen, werde ich sie wohl mal zusammenbringen müssen. Und warum sitze ich eigentlich den ganzen Tag am Computer? Hey Dirk, lass uns Dataloo-on-da-road starten – Sponsoren dürfen sich gerne jetzt sofort melden.

Datamining & Vorratsdatenspeicherung

Also doch – bisher hielt ich es lediglich für eine evtl. jetzt schon einkalkulierte Option, entsprechend der neuerlichen Forderung zur Ausweitung der LKW-Mautdatenerhebung auf den gesamten Verkehr, sowie zur Speicherung dieser Daten auf Vorrat, damit diese dann nicht nur zur Abrechnung sondern auch zur Strafverfolgung herangezogen werden können. Aber nach dem Artikel in der futurezone des ORF ist mir mehr als schlecht: in kürzlich öffentlich gemachten Dokumenten (1, 2) des ETSI (European Telecom Standards Institute) sind technische Schnittstellen zum Zugriff auf gespeicherten Telekommunikations-Verkehrsdaten skizziert, die (soweit es denn gesetzlich erlaubt wird) auch für (präventives) Datamining verwendet werden könnten (Quelle futurezone):

  1. Eine Einzelanfrage basierend auf einem einzigen Anfragekriterium
  2. Multiple Anfragen basierend auf aggregierten Einzelanfragen
  3. Anfragen, die auf einer Reihe von Anfragekriterien basieren
  4. Assoziierte Anfragen

Deren mögliches Ergebnis:Personenprofile, Gruppenzugehörigkeit, Gefährdungspotentiale.

Ich bezweifle allerdings, daß die vorgesehenen Zugriffsmöglichkeiten (technisch) restriktiver implementiert werden könnten.

Die Zugriffsmöglichkeit (inhaltlich, behördlich) wird letztlich gesetzlich reglementiert werden müssen und das heißt dann: Vertrauen in die rechtlich richtige Anwendung ist unabdingbar. Oder anders formuliert: Mißbrauch ist (quasi) vorprogrammiert, auch dann wenn die Infrastruktur von Datenspeicherung und -abruf so sicher wie möglich implementiert wird – denn: eine 100% Sicherheit kann es nicht geben.

Ob allerdings jemals eine rechtliche Grundlage für die VDS (auch europaweit) geschaffen werden kann ist absolut zeifelhaft, aber leider aufgrund der fortwährenden Äußerungen der Bundesregierung auch absolut denkbar.

Um dem geplanten Vorhaben einen Riegel vorzuschieben muß eine grundsätzlich, rechtliche Entscheidung hereine gemeinsame Verfassungsbeschwerde initiiert vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung könnte dieser Riegel sein.

Wer daran teilnehmen möchte, bitte nicht vergessen, daß die Vollmacht schriftlich (per Post) vorliegen muß – also diese bitte ausdrucken, unterzeichnen und an den vertretenden Rechtsanwalt senden.

[nachgereicht]

Im Wiki des AK VDS gibt es eine Analyse der Dokumente. Treffend auch der Kommentar von Kai. Der Prozess der technischen Spezifikation scheint demnach auch mit den im ORF-Artikel genannten Beteiligten üblich – letztlich sind die politischen Motive die zur VDS (und damit auch zu diesen Dokumenten führen) maßgeblich und diese müssen hinterfragt werden.

slow food vs fast food

Heute war wieder einer dieser Tage: ich wurde seit heute morgen von ein und demselben Thema begleitet: Lebensqualität durch Lebensmittel.

Es fing damit an, daß ich heute morgen Überwach-Demo-Stasi 2.0-Plakate der ÜberPartei Deutschland entdeckt hab – eins mit Merkel, eins mit Wowi und eins mit nem Erdmännchen. Zuhause dann erst mal etwas in der ÜPD-Webseite geblättert und dort über den englischen Boycott Mc Donald´s Aufruf auf MySpace gestolpert:

http://www.myspace.com/boycottmcdonalds

Später dann vor dem neuen LPG-Megastore am Senefelder Platz auf die geMein-Aktion Burgerbewegung.de von foodwatch aufmerksam gemacht worden: Unterschriftenaktion gegen Gen-Soja-Verfüterung an Unschuldsbürgerkühe.

McDonald´s - gemein - Gen-Soja für unschuldige Kühe!

Und schließlich gerade eben erst auf SpOn den Artikel über Slow City (bzw. citta slow) und Slow Food gelesen. Für Berlin gibt´s noch keinen Slow-Food-Genußführer. Man kann noch Vorschläge einreichen.

Kurz überlegt die McDonald´s Filiale in der Schönhauser vorzuschlagen…

Ja, bei diesem Thema ist – von wegen slow – Geschwindigkeit drin – spätestens seit den BSE- und Gammelfleischskandalen hat Bio die kritische Masse in den Aldi-etcpp-Märkten erreicht und damit die wirtschaftliche Grenze zum Öko-Schwachsinn meilenweit überschritten: Bio aus China, Neuseeland, Spanien,…? Ja klar – logisch – flieg und schipper einfach alles zigmal um den Erdball, das ergibt in der Gesamtbilanz den ökologischen Supersinn.

Ratgeber ARD rät stattdessen zum sinnvollen Einkauf beim Localdealer.

Ich hab insgesamt das Gefühl, daß die Richtung stimmt: mehr Qualität, mehr Ruhe, mehr Augenmaß, mehr Genuß: wider die Völle.

Achja – ein Strauß bringts ja locker auf 90 km/h – das ist erst mal fast food…

Stasi 2.0: Auf & ab & hin & her in der Wikipedia

Die Diskussion in der Wikipedia geht weiter:

Nach einer selten so umfangreichen Löschdiskussion um den Stasi 2.0 Eintrag in der Wikipedia, welcher dann zwischenzeitlich gelöscht wurde und nach einer Löschprüfung wieder hergestellt ist, wird nun auch über die Aufnahme des Schäublonen-Motivs in die Wikimedia-Commons selbst diskutiert. Es handelt sich dabei allerdings um das Foto einer gesprühten Version, die in einer früheren Version des Stasi 2.0 Artikels verwendet wurde. Die aktuelle Vorlagen-Version scheinen davon nicht betroffen zu sein.

Ich finde das Wikipedia-Prozedere anhand dieses Falls sehr anschaulich. Es zeigt die eigentlich schon sehr bürokratischen Mechanismen, die sich etabliert haben (Löschantrag, Löschprüfung, etc.), in ihrer feinen Sachlichkeit, aber auch die begleitenden und teilweise sehr persönlichen Ausuferungen. Das Ziel bleibt: Qualität dadurch erreichen und das scheint zu klappen.

Bombige Technikkunst

Technikkunst, ja, die lieb ich. Und genau die ist seit kurzem auch bei Spreeblick zu bewundern: frattenizer.

Die Idee ist – wie stets bei den guten Dingen dieser Welt – simple & ja: bombig. Die Umsetzung und Einbindung in Form eines kleinen Javascript-Pakets einfach. Die Haptik hervorragend – es wird sofort klar:

Hier geht es (ganz ganz extrem kurz mal von der rechtlichen Fragwürdigkeit abgesehen) um den Schwachsinn einer Zensur, die von Inkompetenz nur so strotzenden Informationstechniklahmen gefordert wird.

Die Schäublone und die Meinungsfreiheit

Potzblitz. Bereits 2 Wochen ist es her, da wurde in München bei einer Fahrzeugkontrolle ein in der Heckscheibe angebrachtes Blatt Papier beschlagnahmt. Darauf: die Stasi-2.0-Schäublone. Grund der Beschlagnahmung war laut einem Mitarbeiter der Polizeipressestelle in München ein „Anfangsverdacht auf Beleidigung“ (SZ/ jetzt.de). Scheinbar liegt der Fall der dortigen Staatsanwaltschaft aber noch nicht vor.

Ich kenne ja keine andere Stadt in Deutschland, in der so rigoros und so oft Fahrzeugkontrollen durchgeführt werden. Selbst die Polizei scheint dort präsenter als präsent. Da wundert es mich nicht, daß ausgerechnet in München ein Stasi-2.0 Plakat beschlagnahmt wurde.

Sicher ist halt sicher. Und Meinung gehört geprüft.

Soso!

Daß die im April entstandene Schäublone als (mein) Meinungsbild solch breite Kreise zieht, war keinesweg ein von langer Hand geplanter Marketingag (wie anderswo mal vermutet), sondern bloß satirisch gefärbtes Ergebnis der Eingebung eines guten Freundes vermischt mit meiner damaligen Stimmungslage, in der sich nachweislich ein Haufen anderer ebenfalls befanden und zunehmend befinden.

So kam es also, daß ein Auto mit Schäuble-Konterfeit im Heck seit April durch München fuhr – als „stiller Protest“ an den Vorhaben der Bundesregierung – seltsamerweise unbehelligt, bis zu eben jener Fahrzeugkontrolle vor 2 Wochen.

Vor 2 Wochen war es auch als das Thema Sicherheit sich einmal mehr in den Mittelpunkt drängt: durch die Vereitelung „massiver Terroranschläge“ haben die geplanten Vorhaben der EU- und Bundesregierung wieder Aufwind in den Köpfen unserer angstschürenden Volksvertreter (na na – so gibt das keine Karmapunkte, meine Damen und Herren).

Der bunte Strauß an Maßnahmen umfaßt unter anderem

Dabei sind die geplanten Maßnahmen äußerst fragwürdig, denn längst ist klar, daß der Gewinn an Sicherheit in keinem Verhältnis zum Verlust an persönlicher Freiheit und informationeller Selbstbestimmung steht.

Aus gutem Grund also hat der Arbeitkreis Vorratsdatenspeicherung, ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, in Berlin am 22.9.2007 (ab14.30 Uhr) zur Demonstration gegen diesen Überwachungswahn aufgerufen.

Keine Frage: Ich werd da hingehen.

Achja – bleibt die Frage: Wenn Staubsaugervertreter Staubsauger verkaufen, was verkaufen dann Volksvertreter?

My tribute to die Ärzte

Ich hab mich hier schon an anderer Stelle als Ärzte-Sympathisant geoutet, und da dieses Tribute to die Ärzte Festival mit 17 Bands bereits zum 2 Mal ohne mich stattfand, musste ich diesmal einfach hin. Ich konnte sogar noch zwei Freunde dazu überreden sich mit Mitte 30 an die eigene Teenagerliebe zu erinnern. Als wir also zu Dritt um 19 Uhr in der etwas zwiespältigen Kulturbrauerei eintrafen, waren wir davon überzeugt, niemanden anzutreffen den wir kennen – das sollte sich auch bewahrheiten. Die Stimmung fühlte sich schon total Ärzte-mässig an: Also überall Teenager mit Irokesen-Frisuren und ein Attac Stand zum Thema G8-Gipfel. Nach den ersten (Schul-)Bands mit absehbaren Namen wie „Schrottkopf“ oder „Höhrsturtz“ waren wir synchronisiert: Während der Umbaupause holte Steffen und ich abwechselnd ein neues Bier – Andi zog sich mit „bin-von-gestern-noch-so-verkatert“ aus der Affäre und murmelte was von Kaffeetrinken. „Anneliese Schmidt“ (leider furchtbar gesungen) „Micha der Cowboy“ und andere Highlights aus dem gigantischen Ärzte-Repertoire wurden gespielt. Die nächste Band rekrutierte fünf Mädchen aus dem Publikum, die auf der Bühne den Refrain eines sehr alten Songs ins Mikro singen sollten: Da standen dann also 5 Schülerinnen und sangen lauthals „… mir ist so warm im Darm – mit seinem Samen im Darm“.

Was die ganzen Teenager da an Party mobilisierten war beachtenswert: Während wir noch immer im Seniorensektor (hinten-oben auf der Galerie) standen und uns am Becks festhielten, war ungefähr exakt die vordere Hälfte der Halle ein Pogo-tanzender wabernder Moshpit. Irgendwann nach der vierten oder fünften Coverband waren wir dann auch bei der sich bewegenden Masse und stellten lauthals unsere Text-Unsicherheit zur Schau. Ein Superabend, der auch von sporadischen schlechten Bands nicht zu entwerten war. Gegen Ende wurden die Bands dann allerdings immer unterwürfiger: Jede eigene Note sofort im Keim ersticken um möglichst exakt wie die originalen Ärzte zu klingen. So haben wir um 1 Uhr das Festival verlassen um später bei Falafel und Scotch zu landen – Aber das ist eine andere Geschichte…