Hommage an die beste Band der Welt

Nachdem sie mir in den letzten Tagen gleich zweimal begegnet sind, fühle ich mich nun genötigt ein paar Zeilen über Die Ärzte zu schreiben. Am Mittwoch sah ich Farin Urlaub der als Undercover-Gast beim Isis-Konzert in Berlin war. Sein immerblondes Haupthaar war durch eine Baseballmütze getarnt als er direkt neben mir an seinem Mineralwasser nippte. Dann habe ich mich letzte Nacht verzappt und bin beim WDR-Rockpalast gelandet wo es eine Übertragung vom diesjährigen Rock am Ring Festival gab. Die Ärzte kündigen den letzten Song an, und da ich ihn nicht kenne, schalte ich wieder zurück zum aufgenommenen David Lynch Tracks Special. Nach einer Stunde (und Tracks) schau ich noch mal beim WDR rein und die Ärzte spielen immer noch! So kennt man sie: Kein Konzert unter 2 1/2 Stunden.

Wenn ich auch das Schaffen der Ärzte in den letzten 10 Jahren nur marginal beobachtet habe, so bin ich doch ein Ärzte Fan der ersten Stunde („Rotes Kreuz“, „Im Schatten der Ärzte“ und so…). Im Rockpalast musste ich dann feststellen, dass sie Ihre Liveshows wirklich bis zum Maximum perfektioniert haben: Eine irrsinnige Dramaturgie gefüllt mit spontaner Kreativität (Songtext Modifikationen), Blödsinn (Moderationen), Vulgaritäten („Fotzenhammer“), Trash (United!) und echt gut gemachter Musik. Jede noch so alte Textzeile wird neu variiert, aktuell angepasst und Moderation, Blödelei und die eigentlichen Songs werden zu einem undifferenzierbaren Gesamterlebnis. Dabei scheinen Bela, Farin und Rod so aufeinander abgestimmt, dass jeder Break auch wieder mit gemeinsamer Kraft aufgelöst wird. Zum Vergnügen der Fans wird, ohne Scham, jeder spontane Einfall einfach rausgeprustet. Sie haben offensichtlich extrem viel Spaß auf der Bühne. Viel wichtiger noch: Die Ärzte haben und hatten immer eine Haltung. Im Vergleich zu vielem Chart-Trash (den ich glücklicherweise gar nicht mehr kenne) taugen die Ärzte auch heute noch als Vorbildfunktion für freies und kreatives Denken. Man kann sich entweder Farin anschließen (Anti-Alkoholiker, Vegetarier, Nichtraucher, Hyperaktiv) oder es Bela gleich machen (Whiskey, Rotwein und alles was sonst Spaß macht). Jedenfalls haben die Ärzte schon immer Ihr Ding gemacht, und eben nicht das der Musikindustrie, Medien, Fans oder ihrer Bankberater. Es ist erfrischend zu sehen, dass die Ärzte auch in fortgeschrittenem Alter und mit Mega-Erfolg ausgestattet, noch sehr freie Menschen geblieben sind, die sich ihre eigene lebensbejahende Realität weiter ausgebaut haben.

Die Ärzte Live auf YouTube
Die Ärzte im Interview bei Rock am Ring
Die Ärzte Website im ASCII Look

Passive Trunkenheit

Aus dem neuen und ersten Buch „Heimweg“ von Harald Martenstein:

Der Bruder trank ebenfalls fast nur Bier, weil sich mit diesem Getränk die Phase des allmählichen Betrunkenwerdens, die der Kenner mehr schätzt als den statischen Zustand des Betrunkenseins, besser in die Länge ziehen lässt als mit einer Spirituose.[…]

Er befand sich in der schönsten Phase des Betrunkenwerdens, dann, wenn einem noch vereinzelt Gedanken von kristalliner Klarheit gelingen, wenn die Zunge den Befehlen des Gehirns noch im Großen und Ganzen gehorcht, wenn die Betrunkenheit einem noch steigerungsfähig erscheint, aber alles Belastende und Bremsende sich bereits aus dem Gehirn verabschiedet hat.

Sowieso ein schöner Roman.
Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass ich mal wieder ne Kur mache?

Subaloo 06 – I want to lose it all

Subagas

Track 06: I want to lose it all

[mp3 download]

Nächste Runde in der Blogspielplatte: „I want to lose it all“ von Subagas.
Ein ungestümer Jam mit impulsivem Schlagzeug, Gitarre und dem Ruf nach Freiheit.

06_subagas.jpg

>>> Blogspielplatte „Subaloo“

Die Hoffnung des deutschen Humors

Humor und Deutschland sind zwei Dinge die nicht so einfach zusammengehen, jedenfalls nicht oberhalb der Gürtellinie. „Deutsche Comedy“, das ist ja in sich schon ein Widerspruch! Vermutlich kein Zufall, dass es hier keinen deutschen Begriff (Kleinkunst?!), sondern nur den Anglizismus „Comedy“ gibt. Wenn ich daran denke, dass Figuren wie Stefan Raab oder Michael Mittermeier die Gesichter des deutschen Humors sein sollen, dann läuft es mir kalt den Rücken runter. Ich war geschockt, dass Filme wie „Schuh des Manitu“ oder „Traumschiff Surprise“ in Deutschland so erfolgreich waren. Diese Filme habe ich mir wirklich wohlwollend angesehen: Ich war gut drauf, leicht angetrunken und bereit auch über platte Witze zu lachen, habe aber jeweils nicht mehr als 20 Minuten ausgehalten. Ein Bekannter aus England meinte dazu mal: „When something is gay, it is funny – That’s German humor“. Kein Wunder, dass die Filme im Ausland total gefloppt sind – Hoffentlich spricht mich nie ein Europäer auf diese Machwerke an.

Aber es gibt natürlich auch geistreiche Comedy und guten Humor in Deutschland. Da muss man ja gar nicht so lange suchen: Harald Schmidt natürlich! Tiefen Respekt vor dem Godfather des deutschen Humors – er ist in meinen Augen über jeden Zweifel erhaben. Und natürlich gibt es noch das Duo Grissemann & Stermann, das ich am Samstag mit meiner Begleitung T im Berliner BKA gesehen habe. Obwohl ich sie schon 3 Mal live gesehen habe, bin ich auch diesmal wieder zwischen Lachattacke und Prust-Anfall gependelt. Ungewohnt war nur, dass Dirk Stermann nicht mehr raucht (auf der Bühne) und Christoph Grissemann nicht mehr trinkt (auf der Bühne). Grissemann + Stermann sind die Hoffnung des deutschen Humors (auch wenn einer Österreicher ist) und ich bin gespannt auf ihren ersten Kinofilm „Immer nie am Meer“ der eine phantastische Geschichte erzählt: Am Anfang kommen die Beiden (mit Beifahrer Heinz Strunk auf dem Rücksitz) mit dem Fahrzeug von der Strasse ab und brettern in ein Waldstück. Die Karosserie ist allerdings so verkeilt, dass keiner mehr aussteigen kann und die restlichen 90 Minuten des Films im Auto stattfinden. Super Knalltüten-Idee würde ich sagen.

Für alle Grissemann + Stermann Anfänger:
G+S primitiv über Biolek (Audio)
G+S Tourette (Audio) – Dranbleiben und abwarten!
G+S für Fußballfans

Überwacht die Überwacher der Überwacher!

Political contribution networks

Eine prima Idee den US-Politikmarkt zu dokumentieren: Unfluence. Erinnert sehr an das legendäre, aber leider nicht mehr aktuelle They Rule, das Daten der freien Wirtschaft mit denen von opensecrets verknüpft. mehr…

Einen ähnlichen Ansatz für Deutschlands Politiklandschaft verfolgt Lars Burghard mit seinem Projekt der Politischen Datenbank für Parteienfinanzierung. Es fehlt dort allerdings noch an einer zusätzlichen Verknüpfung von Parteien, Firmen, Verbänden, Gewerkschaften, etc. und das auch auf der personellen Ebene. Auch das sollte machbar sein.

Und wie sieht das ganze EU-weit aus?

Konzert: Zukunft und die Lichter – Junction Bar

Zukunft und die Lichter spielen wieder:

Liebe Freundinnen und Freunde der akustischen Popmusik deutscher Sprache,

ein „Pflichtbesuch“ von
Zukunft und den Lichtern
steht an.

Am 3.05.07 um 21 Uhr (pünktlicher Beginn)
spielen wir in der Junction Bar.
Wir bringen euch Musik, Freude und Gefühl und dafür bringt ihr jeder fünf Euro mit.

Bis dahin und besten Gruß
Sebastian

Hier gibt´s einen Song zum Vorhören. Oder dort.

Trash Revue – Alles neu Extravaganza

Berlin, Hauptstadt des Trashs – Hier muss man sich kulturell nicht mit konventionellem begnügen, sondern kann sich an professionellem Dilettantismus erfreuen. Gestern spontan für einen Abend in der Volksbühne entschlossen: „Alles neu Extravaganza Vol. 1“.

Erfrischend unvorbereitet und ohne Überblick über den Ablauf des Abends moderiert sich Francoise Cactus (Stereo Total) mit ihrem Schmidt-Sidekick-Fransösisch ins Chaos. Sie bittet irgendwann Gina V. D’Orio auf die Bühne, die dort auf einer Schaukel zwei nette minimalistische Coversongs zum Besten gibt. Dann ein Knet-Animationsfilm auf der heruntergelassenen Filmleinwand und schließlich das erste Highlight des Abends: Die New Yorkerin „Little Annie“ die uns mit ihrer Tiefe fasziniert. Mit ihrem leicht hyperaktiven Pianisten reduziert sie Klassiker auf das Maximale: Gesang und Klavier. So werden aus „Private Dancer“ (T. Turner) und „I Still Haven’t Found What I’m Looking For” (U2) intensive Minuten die auf meinem Unterarm Gänsehaut verursachen. Little Annie ist das weibliche Gegenstück zu Johnny Cash!
Von Spar in der Volksbuehne
Nach einer Pause kommt mein eigentlicher Beweggrund heute Abend hier zu sein: „Von Spar“ aus Köln spielen eines der beiden Stücke von Ihrem neuen Album „A. Xaxapoya“, und zeigen wohin sich deutschsprachiger Neo-Punk entwickeln kann: Nämlich zu akribisch inszenierten theatralischen Soundflächen die einen wuchtig umschlingen. Die Jungs sind echte Sound-Nerds und trommeln sich und uns, auf dem Hintergrund einer Videoprojektion, in ihre Neudefinition von Musik. Dann erzählt uns Wolfgang Müller etwas über das Penis-Museum in Reykjavik und der Abend endet mit dem Organisator Khan of Finland der mit seiner Band (Piano & Beatbox) noch ein paar Trash-Songs inszeniert. Nachdem eigentlich schon Schluss ist, stürzt die Barfrau aus dem Bühnenbild nach vorne, wird dort zum Barmann und treibt mit einem geschrienen Lied den Trashfaktor auf die Spitze.

Ein gelungener Abend mit modernem Entertainment-Konzept: Kein abendfüllender Headliner, sondern eine Mischung von Trash, Travestie und Kunst in kleinen 20-Minuten Dosen – Also genau das Richtige für uns medienverseuchte Großstädter mit kleinen Aufmerksamkeitsspannen. Wann kommt Vol. 2?